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Demonstranten in Kiew fordern die Freilassung der ukrainischen Parlamentarierin und Kampfpilotin Nadia Sawtschenko.

Foto: Reuters/Garanitsch

Das Schicksal der ukrainischen Soldatin Nadia Sawtschenko wird immer mehr zum Politikum. Seit vergangenem Sommer ist die einzige Kampfpilotin der ukrainischen Armee in russischer Gefangenschaft, seit 55 Tagen befindet sie sich im Hungerstreik. Russische Behörden haben sie mittlerweile in ein Krankenhaus verlegt, der Gesundheitszustand der 33-Jährigen wird als "lebensbedrohlich" bezeichnet.

Das ukrainische Außenministerium hat Russland aufgefordert, die Pilotin freizulassen. Auch die USA und verschiedene Menschenrechtsorganisationen hatten in den vergangenen Monaten immer wieder versucht, Sawtschenko freizubekommen.

Russland wirft der Soldatin vor, während eines Kampfeinsatzes für das rechtsextreme Freiwilligenbataillon Ajdar in der Ostukraine gezielt zwei russische TV-Journalisten getötet zu haben. Der Einsatz soll um den 17. Juni vergangenen Jahres stattgefunden haben. Am 8. Juli gaben die russischen Behörden bekannt, die Soldatin befinde sich in der Stadt Woronesch in Haft. Seitdem laufen zwischen Russland und der Ukraine hinter den Kulissen Gespräche zum Austausch der Gefangenen.

Im Herbst vergangenen Jahres wurde die Frau, die auf Fotos mit Kurzhaarfrisur und in einem T-Shirt mit ukrainischem Dreizack zu sehen ist, ins Parlament gewählt. Sie erhielt den Listenplatz eins der Vaterlandspartei der früheren ukrainischen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Seit einigen Wochen ist Sawtschenko nicht nur Parlamentsabgeordnete, sondern gehört auch der ukrainischen Delegation des Europarates an, in dem auch Russland Mitglied ist. Bei der letzten Sitzung des Gremiums Ende Jänner kam es wegen der Sawtschenko-Frage zum Eklat zwischen Russland und der Ukraine. Die russische Delegation kündigte an, bis Ende des Jahres den Sitzungen des Europarates fernbleiben zu wollen.

"Lieber Tod als Haft"

Prominente Unterstützung erhält Sawtschenko von Michail Chodorkowski, der selbst mehr als zehn Jahre lang in russischer Haft saß. Am Mittwoch besuchte der Ex-Yukos-Chef sie in einem Moskauer Militärkrankenhaus. Die Soldatin soll dabei erneut gesagt haben, sie wolle lieber sterben, als in russischer Haft zu bleiben.

Bereits am Montag hatte Sawtschenkos Anwalt Ilja Nowikow seine Mandantin besucht. "Sie stirbt", sagte er dem Radiosender Swoboda. Ein Mensch könne höchstens 50 Tage Hungerstreik überleben. Alles was darüber hinausgeht, führe "zu erheblichen gesundheitlichen Schäden oder sogar zum Tode".

Im ukrainischen Außenministerium mag man sich das gar nicht ausmalen. Das Verhältnis zu Russland würde dadurch weiter belastet. Die ukrainische Öffentlichkeit würde einen Hungertod Nadia Sawtschenkos nicht hinnehmen. "Das wäre Wasser auf die Mühlen der Radikalen beider Seiten", sagte ein Mitarbeiter des Außenministeriums dem Standard. (Nina Jeglinski aus Kiew, DER STANDARD, 6.2.2015)