Wien - Hitlergrüße, islamfeindliche Parolen, rund 300 Pegida-Anhänger und 5.000 Gegendemonstranten: Die Stimmung in der Wiener Innenstadt war am Montag aufgeheizt, als die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" zur ersten Kundgebung in Österreich zusammenkamen.
Um 20.05 Uhr erklärte die Polizei sie für beendet, bis sie sich auflöste, sollte es noch einige Zeit dauern, in der es auch zu Vorfällen kam, die die Arbeit der Polizei nicht unbedingt schmücken - etwa die Einkesselung und das Festhalten von Journalisten.
Nach Ende der Kundgebung wurde DER STANDARD auch Zeuge eines Einsatzes einige hundert Meter entfernt vom eigentlichen Kundgebungsort, der auf der Wiener Freyung war.
Um etwa 20.50 Uhr fixierten zwei Polizisten an der Kreuzung Lichtensteg/Rotenturmstraße einen Mann auf dem Boden. Weil die Polizisten dabei brutal vorgingen - sie hielten unter anderem Schlagstöcke in der Hand -, zückten mehrere Passanten ihre Handys, um die Szene festzuhalten.
Einer der Polizisten steuerte auf einen Passanten zu und nahm ihm sein Mobilgerät ab. Auf Nachfrage des STANDARD rechtfertigt Polizeisprecher Roman Hahslinger das Vorgehen, schließlich habe der Mann eine Amtshandlung gestört.
Weil er beim Versuch, den auf dem Boden liegenden Mann zu filmen, auf die Straße gestiegen war, erhielt er ein Strafmandat nach Paragraf 76 Straßenverkehrsordnung (Verhalten der Fußgänger). Das Bußgeld in Höhe von 30 Euro wurde vor Ort bar beglichen. Auch hier sieht Hahslinger ein rechtmäßiges Vorgehen.
Mithilfe der Medien
Das Mobilgerät hat der Passant wieder zurückbekommen, das Video war von der Polizei nicht gelöscht worden (was wegen des Sicherheitscodes auch nicht möglich gewesen wäre).
Was der Auslöser der ursprünglichen Polizeiaktion war und warum der Mann brutal auf dem Boden fixiert wurde, konnte die Polizei nicht erläutern. Man habe mehr als 1.000 Einträge von Montagabend, die noch zu bearbeiten seien.
Die Landespolizeidirektion Wien rief am Freitag auch Medienvertreter auf, unverpixeltes Videomaterial zu übermitteln. Anders als beim geschilderten Fall ist die Polizei bei Medien dankbar, wenn sie mitfilmen.
Filmen ja, veröffentlichen jein
Hier stellt sich die Frage, ob das Filmen von Amtshandlungen für Passanten tatsächlich verboten ist: Liegt die Polizei im Recht, wenn sie Passanten das Handy aufgrund der Störung einer Amtshandlung abnimmt?
Rechtsanwalt Andreas Kulka von der Kanzlei Maria Windhager sagt, eine gesetzliche Bestimmung, die Beschränkungen für die filmische Dokumentation polizeilicher Amtshandlungen vorsieht, existiere nicht. Kein Polizist habe eine Rechtsgrundlage dafür, jemandem das Handy nur wegen Mitfilmens abzunehmen.
Die bloße Aufzeichnung einer polizeilichen Amtshandlung sei daher grundsätzlich zulässig - sofern sich daraus keine Störung der Amtshandlung ergibt.
Letzteres Detail ist also genau jener Aspekt, auf den sich die Polizei bezieht. Andere Grundsätze gelten dann für die Veröffentlichung eines solchen Videos. Hier sei darauf zu achten, die Beamten unkenntlich zu machen, damit spätere - verdeckte - Einsätze der Polizisten nicht gefährdet werden.
Kundgebung in Linz
Wie viele Polizisten am Sonntag in Linz im Einsatz sein werden, wollte die Exekutive im Vorfeld nicht bekanntgeben. Der Linzer Polizeisprecher David Furtner sprach von einer "Zahl im unteren dreistelligen Bereich". Um 15 Uhr versammeln sich die Pegida-Anhänger - die Organisatoren rechnen mit 300 - am Hauptbahnhof und marschieren dann durch die Innenstadt zum Hauptplatz.
Die Gegenkundgebung des Bündnisses "Linz gegen Rechts" beginnt bereits um 14 Uhr auf dem Hauptplatz. Die Gegendemo dürfte um ein Vielfaches mehr Teilnehmer haben als der Pegida-"Spaziergang". Auf Facebook hatten bis Redaktionsschluss 1.500 Personen ihre Teilnahme angekündigt. (ker, mcmt, rwh, DER STANDARD, 7.2.2015)