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EZB-Präsident Mario Draghi macht gemeinsam mit seinen Notenbank-Kollegen aus den Euroländern Druck.

Foto: reuters/paffenbach

Wien – Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt Griechenland die Daumenschrauben an. Griechische Banken können sich zu einem großen Teil nur mehr über Nothilfen finanzieren. Der Druck auf die neue griechische Regierung steigt damit. Im Folgenden die wichtigsten Fragen und Antworten zum EZB-Entscheid von Mittwochabend.

Frage: Was hat die EZB genau entschieden?

Antwort: Die Europäische Zentralbank akzeptiert keine Anleihen mehr als Sicherheit, die vom griechischen Staat begeben oder garantiert werden. Bisher hat die EZB eine Ausnahme gemacht und die Papiere zugelassen, obwohl sie als Ramsch bewertet waren. Weil sie jetzt keinen erfolgreichen Abschluss des Hilfsprogramms erwartet, zieht die EZB den Stecker. Damit greift sie einer Regelung vor, die mit Ende Februar sowieso in Kraft getreten wäre. Schon vor zwei Jahren sagte die EZB, dass mit Ende Februar 2015 keine Bankanleihen mit staatlicher Garantie mehr als Sicherheit eingereicht werden dürfen. Griechische Banken haben das zuletzt stark genutzt, um sich einfacher Zugang zu Notenbankgeld zu sichern.

Frage: Stehen griechische Banken jetzt ohne Notenbankgeld da?

Antwort: Nein. Sie können auf Nothilfen der griechischen Notenbank ausweichen, wie sie das auch schon in der Vergangenheit gemacht haben. Dieses Geld kommt sie aber teurer als das der EZB. Laut der deutschen Welt soll der Rahmen bei 60 Milliarden Euro liegen. Die EZB wollte sich auf Anfrage des STANDARD nicht über das Volumen der Nothilfen äußern.

Frage: Also hat die Entscheidung keine unmittelbaren Auswirkungen?

Antwort: Die EZB setzt Griechenland damit stark unter Druck und schwächt seine Verhandlungsposition. Sie stellt sich im Prinzip auf die Seite der Eurogruppe. Außerdem führt die am späten Abend getroffene Entscheidung zu mehr Unsicherheit in Griechenland. Schon seit Dezember ziehen Griechen Einlagen von Banken ab. "Das wird sich jetzt wohl beschleunigen", sagt der irische Ökonom Karl Whelan. "Das Risiko einer Liquiditätskrise könnte substanziell sein", sagt Silvia Merler von der Denkfabrik Bruegel.

Frage: Mischt sich die EZB in die Rettungspolitik ein?

Antwort: Ja. Das wird von einigen Ökonomen heftig kritisiert. "Die EZB trifft politische Entscheidungen und handelt außerhalb ihres Mandats", sagt etwa der belgische Ökonom Paul De Grauwe zum STANDARD. "Das ist sehr gefährlich für eine Notenbank, die von sich sagt, politisch unabhängig zu sein." Dass die EZB politisch aktiv wird, ist aber kein Novum in der Eurokrise. Durch ihre Teilhabe an der Troika macht sie ganz offiziell mehr, als sich nur um die Preisstabilität zu kümmern. Die Irland-Briefe von Jean-Claude Trichet sind berüchtigt. Damals zwang der ehemalige Präsident der EZB das Land in ein Rettungsprogramm. Trichet schrieb 2011 gemeinsam mit Mario Draghi auch einen Brief an die italienische Regierung und forderte Reformen, die zu mehr Wettbewerb und einer Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen führen sollten.

Frage: Hatte die EZB eine andere Wahl?

Antwort: Geht es nach dem Chef der Denkfabrik Bruegel, Guntram Wolff, dann nicht. "Griechenland hat sich selbst für bankrott erklärt. Ohne Verhandlungen kann das Land keine unbegrenzte Liquidität erwarten", sagt er. Karl Whelan vom University College of Dublin betont, dass die EZB sich nur an selbstgeschaffene Regeln halte. Die seien aber nicht in Beton gegossen. "Sie hat großen Spielraum, damit griechische Banken auch ohne Rettungsprogramm an verschiedenste Formen von Geld kommen", sagt der Ökonom.

Frage: Hat die EZB weitere Druckmittel?

Antwort: Ja. Sie kann die Nothilfe blockieren, auf die griechische Banken ab nächster Woche angewiesen sein werden. Dafür braucht sie aber eine Zweidrittelmehrheit im EZB-Rat. Die nächste Ratssitzung findet am 18. Februar statt. Griechenland selbst dürfte dann nicht mitstimmen, weil es durch den neu eingeführten Rotationszyklus im Februar seine Stimmrechte verliert. Es wäre überraschend, wenn die EZB die Nothilfe nicht als Druckmittel verwendet. Als Zypern vor dem Kollaps stand, zwang die Zentralbank das Land dazu, ein Hilfsprogramm von EU und IWF anzunehmen. Andernfalls müsste die Nothilfe gekappt werden. Das Argument: Nothilfe darf es nur für illiquide, nicht für insolvente Banken geben. Nur ein Rettungsprogramm könnte sicherstellen, dass die Banken nicht insolvent werden. Das ist jetzt wohl auch für Griechenland zu erwarten.

Frage: Unterstützt Draghi also die deutsche Linie?

Antwort: Auf den ersten Blick ja. Der Ökonom Paul Krugman interpretiert den EZB-Entscheid aber anders. Er sieht einen Wink an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Ein Bankenkollaps inklusive Euroaustritt stehe im Raum. Das würde auch Deutschland und die EU zu Kompromissen zwingen.

Frage: Was heißt das Ganze für Syriza?

Antwort: Griechenland steht jetzt unter Zugzwang. Syriza ging mit dem Versprechen in die griechische Neuwahl, das Land aus dem Würgegriff der EU zu befreien. Die Partei muss sich nun aber schnell einigen. Denn nicht nur der gesamte Rest Europas fordert ein Programm, jetzt ist auch die EZB an Bord. Lässt die Zentralbank die Situation eskalieren, könnte sie die Nothilfe streichen und würde Griechenland damit faktisch aus der Eurozone zwingen. (Andreas Sator, derStandard.at, 5.2.2015)