Wien - Die wachsende Arbeitslosigkeit und die hohe Steuer- und Sozialabgabenlast werden den Pfusch in Österreich heuer weiter steigen lassen. Die Schattenwirtschaft dürfte 2015 das dritte Jahr in Folge zunehmen und auf 21,35 Milliarden Euro beziehungsweise 8,14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts klettern, nimmt der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider an. Das ist EU-weit der niedrigste Wert.

Größter Verlierer beim Pfusch sei der Staat, dem dadurch Steuern und Sozialbeiträge in Höhe von zwei bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr entgehen, so Schneider. Die Steuerverluste selbst würden sich deshalb in Grenzen halten, da das schwarz verdiente Geld sofort wieder im offiziellen Wirtschaftskreislauf ausgegeben werde. Weiterer Verlierer seien die Krankenversicherungen, die Kosten zusätzlicher Unfälle oder von Arbeitsunfähigkeit der Pfuscher tragen müssten.

In der EU ist Österreich "Schlusslicht" beim Anteil der Schattenwirtschaft, gemessen am offiziellen Bruttoinlandsprodukt. Ebenfalls einstellige Raten weisen nur noch Luxemburg (8,3), die Niederlande (9,0) und Großbritannien (9,4 Prozent) auf. Jedoch ist Österreich eines von nur sechs EU-Ländern, in denen der Pfusch zunimmt. Deutschland liegt bei 12,2 Prozent. Die höchsten Werte hat Schneider für Bulgarien (30,6), Rumänien (28,0) und Kroatien (27,7 Prozent) ermittelt. Im OECD-Raum weisen nur Neuseeland, die Schweiz und vor allem die USA mit acht beziehungsweise 6,5 und 5,9 Prozent noch geringere Pfusch-Quoten als Österreich auf.

Anstieg

In Österreich dürfte heuer die Schattenwirtschaft um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen. Abgesehen vom Anstieg von 5,75 Prozent im Jahr 2014 ist das das stärkste Plus seit 2011. Quantitativ am bedeutendsten ist die Schattenwirtschaft in Wien mit 5,88 Milliarden Euro sowie in den großen Bundesländern Ober- und Niederösterreich mit 3,57 und 3,46 Milliarden Euro.

Baugewerbe und der Handwerksbetrieb (samt Reparaturen) halten in Österreich mit gut 39 Prozent naturgemäß den größten Anteil am Pfusch. 2015 werden hier rund 8,33 Milliarden Euro schwarz umgesetzt, schätzt der Ökonom, davon in Wien 2,3 Milliarden Euro, in Niederösterreich 1,35 Milliarden und in Oberösterreich 1,39 Milliarden Euro.

Es folgen sonstige Gewerbebetriebe und haushaltsnahe Dienstleistungen mit 17 Prozent Anteil beziehungsweise 3,63 Milliarden Euro insgesamt, wobei eine Milliarden auf Wien entfällt, 588 Millionen auf Niederösterreich und 607 Millionen Euro auf Oberösterreich. Weitere je 3,42 Milliarden Euro entfallen bundesweit auf die beiden Sektoren "andere Gewerbe- und Industriebetriebe" sowie "Dienstleistungsbetriebe" (Hotels, Gaststätten). Den geringsten Anteil hat laut Schneider die Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche mit 2,56 Milliarden Euro in Österreich.

Historisch gesehen war der Pfusch-Anteil am BIP vor einem Jahrzehnt spürbar höher. Von 2003 bis 2005 etwa betrug er jeweils zehn bis elf Prozent, bis 2008 schrumpfte er bis auf 8,1 Prozent. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise wuchs er 2009 auf 8,5 Prozent, um im Zuge des etwas kräftigeren Wirtschaftswachstums wieder bis auf 7,5 Prozent im Jahr 2013 zu sinken. 2014 waren es 7,8 Prozent.

Handlungsbedarf

"Inoffizielle" Aktivitäten könnten nur dann in die offizielle Wirtschaft überführt werden, wenn es attraktiv ist, sich dort verstärkt zu engagieren, sagt Schneider, der seit Jahren für seine Pfusch-Berechnungen bekannt ist. Immer noch habe die Schattenwirtschaft in Österreich und in den meisten OECD-Ländern ein Ausmaß, das dringend politischen Maßnahmen brauche, um sie weiter zu reduzieren.

Es sei Aufgabe des Bundes, der Länder und der Kommunen, sich mit allen Mitteln für eine anreizorientierte Bekämpfung der Schwarzarbeit einzusetzen, so Schneider. Geschehen könne das durch eine befristete Rückvergütung der Mehrwertsteuer bei arbeitsintensiven Dienstleistungen, die Einführung einer steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und Investitionen im Haushalt (bis zu 2.000 Euro pro Haushalt und Jahr) für das ganze Jahr und nicht gedeckelt. Zudem sollten Firmen, die schwarz arbeiten oder arbeiten lassen, für drei bis fünf Jahre für öffentliche Aufträge gesperrt werden. Und es sollten auch die Lohnnebenkosten sinken, um den Pfusch unattraktiver zu machen. (APA, 4.2.2015)