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Nicht nur in Thailand (im Bild Reste eines Wasserreservoirs nördlich der Hauptstadt Bangkok) ist der Klimawandel auf Schritt und Tritt spürbar.

Foto: EPA / Barbara Walton

Potsdam/Wien - Der Zug scheint abgefahren, die Beschleunigung der Erderwärmung kaum mehr zu bremsen. Stimmt nicht, sagen die Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PID). Eine geschickte Förderung sauberer Technologien könne einen tiefen CO2-Preis teilweise ausgleichen und dabei helfen, unter der kritischen Grenze von zwei Grad Erderwärmung seit Beginn der Industrialisierung zu bleiben.

Die zu Wochenbeginn im Fachjournal Nature Climate Change publizierte Studie der Potsdam-Forscher klopft zweitbeste Lösungen auf ihre Tauglichkeit ab. Das deshalb, weil die an sich beste Politik, nämlich jene, die zu CO2-Preisen jenseits von 30 Dollar je Tonne (ungefähr genau so viel Euro) führen würde, aufgrund verschiedener Interessen nicht durchsetzbar ist.

Weil die in Europa gehandelten Verschmutzungsrechte in den vergangenen Jahren selten mehr als fünf Euro die Tonne gekostet haben, wurde in der Stromproduktion sauberes Erdgas von umweltschädlicher Kohle verdrängt. "Zum ersten Mal können wir zeigen, dass bis 2030 ein eigentlich zu niedrigerer Preis für CO2 in der Höhe von sieben Dollar den nötigen Umbau des Energiesystems anstoßen kann, wenn die Staaten der Welt zugleich ein technologiepolitisches Paket auf den Weg bringen", stellte Christoph Bertram, Leitautor der Studie, klar. Die sieben Dollar je Tonne wären ein Mindestpreis, der von der Politik festzulegen sei. Ergänzend sollten erneuerbare Energien gefördert werden - egal ob mittels Einspeisetarifen beziehungsweise über Quoten oder Steuererleichterungen für sauberen Strom.

Keine neuen Kohlekraftwerke

Abgerundet wird das vom PID vorgeschlagene Paket durch die Forderung nach einem Verbot von neuen Kohlekraftwerken respektive nach einem Vorantreiben der Forschung in Sachen Kohlenstoffabscheidung (CCS; Carbon Capture and Storage). Ein Verzicht auf neue Kohlekraftwerke ohne CO2-Abscheidung, wie derzeit in den USA in Umsetzung, könnte ein wertvolles Element einer globalen Klimaschutzstrategie sein, sagen die Studienautoren.

Walter Sauer, Energie- und Klimasprecher von Greenpeace Österreich, ist mit vielem, aber nicht mit allem einverstanden. "Mit Kohlenstoffabscheidung wird das Problem nicht gelöst, nur verlagert", sagte Sauer dem Standard. "Es ist besser, das Energiesystem per se umzustellen, als auf CCS zu setzen."

In Österreich ist CCS verboten. "Wir sind uns mit Experten einig, dass diese Technologie nicht ausgereift ist und noch Forschungsbedarf besteht, bevor über einen Einsatz diskutiert werden kann", begründete Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) 2011 das Verbot.

Kohle sieht Sauer ähnlich problematisch wie die Forscher in Potsdam. Anders als Deutschland sei Österreich davon aber nur wenig betroffen. Es gibt noch drei Kohlekraftwerke, eines in Riedersbach in Oberösterreich (Energie AG), in Dürnrohr (Verbund, EVN) und in Mellach (Verbund). (Günther Strobl, DER STANDARD, 4.2.2015)