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Ein Schuldenschnitt war im Wahlkampf großes Thema. Jetzt werden die Vorschläge differenzierter.

Foto: Reuters/Behrakis

London/Athen – Am Wochenende war die Aufregung noch groß: Die neue griechische Regierung sorgte für heftige Reaktionen. Neben den bereits bekannten Wiedereinstellungen von Beamten und der Sistierung geplanter Privatisierungen wurde die Kooperation mit der Troika aufgekündigt. Der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras war in der Folge bemüht, die Wogen im Schuldenstreit mit den europäischen Geldgebern zu glätten.

Nun schlägt auch Griechenlands neuer Finanzminister Yiannis Varoufakis moderate Töne an. Er hat eine mögliche Abkehr vom geforderten Schuldenschnitt für sein Land angedeutet. Statt des bisher geforderten Schuldenerlasses sei nun auch "eine Liste von Umschuldungsmaßnahmen" möglich, um die Schuldenlast Griechenlands zu erleichtern, sagte Varoufakis am Montagabend im Gespräch mit der "Financial Times".

Rendite sinkt

Die Reaktion von Investoren war sehr positiv. Die Kurse von am Markt gehandelten Griechenland-Anleihen stiegen stark, die Rendite fiel von 11,3 auf 9,7 Prozent. Je niedriger die Rendite, desto niedriger schätzen Investoren das Risiko eines Zahlungsausfalls ein. Griechische Aktien legten bis Mittag um neun Prozent zu, Bankaktien sogar um 17 Prozent.

Umschuldung statt Schuldenerlass hatten auch Experten für einen gangbaren Weg erklärt. Varoufakis ventiliert seine Vorstellungen diesbezüglich in der "Financial Times": Für den Finanzminister gehören ans Wirtschaftswachstum gekoppelte Anleihen sowie Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit dazu. Damit vermeide man den Begriff des "Schuldenschnitts", der in Ländern wie Deutschland politisch inakzeptabel sei, sagte Varoufakis. Griechenland werde seinerseits einen Primärüberschuss (ohne Zinslast) von 1,0 bis 1,5 Prozent erwirtschaften, selbst wenn dies bedeute, dass die linke Syriza-Partei nicht alle Wahlversprechen halten könne. Auch sei geplant, gegen die Steuervermeidung von Wohlhabenden anzugehen.

Hilfe bei den Reformen

"Ich werde unseren Partnern sagen, dass wir eine Kombination aus Primärüberschuss und Reformagenda zusammenstellen", sagte der Minister der Zeitung. "Ich werde ihnen sagen: 'Helft uns bei der Reform unseres Landes und gebt uns dazu etwas finanziellen Spielraum, sonst werden wir weiter ersticken und ein deformiertes statt ein reformiertes Griechenland werden.'" Bis Ende des Monats werde man die genauen Vorschläge den europäischen Partnern vorlegen, kündigte Varoufakis an.

Griechenland hat Staatsschulden in Höhe von 320 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird der Schuldenberg Athens knapp 169 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, erlaubt sind höchstens 60 Prozent. Vor drei Jahren hatten Privatgläubiger wie Banken bereits einen Schuldenschnitt von 50 Prozent hinnehmen müssen.

Varoufakis sowie der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras werben derzeit in europäischen Hauptstädten für einen veränderten Umgang mit der griechischen Schuldenproblematik. Tsipras kommt am Dienstag in Rom mit dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi zusammen. Danach reist er weiter nach Paris und Brüssel.

Tsipras wirbt auf seiner Europa-Tour für den Kurswechsel Athens, die Abkehr vom harten Sparen und eine neue Schuldenregelung. Einen Euroaustritt will er nicht, aber auch nicht mehr die Troika-Sparkontrolleure, wie er bei seiner ersten Station auf Zypern bekräftigte. Vor allem in Berlin beißt er damit auf Granit.

Bereits am Montag hatte er Zypern besucht und dort für den radikalen Kurswechsel Athens geworben. Varoufakis soll am Dienstag Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan treffen. Laut Reuters soll er am Mittwoch mit EZB-Chef Mario Draghi zusammenkommen. Am Donnerstag steht dann ein Treffen mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble an. (Reuters/red, derStandard.at, 3.2.2015)