Der geliebte nordkoreanische Führer Kim Jong-un empfängt seine US-amerikanischen Journalistengenossen in heiterer Atmosphäre. "The Interview" startet jetzt in den heimischen Kinos.

Foto: Sony

Wien - Die Achse des Bösen ist nicht mehr das, was sie einmal war. Im Irak bestimmen die USA den Präsidenten. Der Iran sitzt am Verhandlungstisch. Nur in Nordkorea werden die Schulmädchen noch dazu abgerichtet, darüber zu singen, dass bei der verfeindeten Supermacht "die Frauen von Bestien aus dem Dschungel vergewaltigt werden mögen".

Mit diesem und anderen Wünschen beginnt die Komödie The Interview von Evan Goldberg und Seth Rogen, in der Kinder zum Instrument politisch-despotischer Selbstdarstellung werden. Es ist also fast eine humanitäre Mission, wenn zwei US-Journalisten ihre Reise zu einem Treffen mit Kim Jong-un auf Geheiß der CIA zu einem Anschlag nützen sollen. Der Auftrag: "to take him out", und zwar nicht zum Abendessen. Talkshow-Moderator Dave Skylark (James Franco) und sein Produzent Aaron Rapaport (Seth Rogen) sind Geheimagenten mit einem besonderen Training (instrumentalisierte Eitelkeit). Sie erreichen ihr Ziel schließlich ganz anders als geplant, da kann man sich einfach der enormen Komödienkompetenz überlassen, die hier am Werk ist.

The Interview ist sagenhaft witzig, und das ist wohl die entscheidende Rückkehr zur Normalität nach der ganzen Hysterie um einen Hack des Sony-Studios, der Veröffentlichung interner Mails und dem surrealen Ultimatum, von dem man heute eigentlich schon wieder glauben möchte, es wäre alles ein PR-Stunt gewesen.

Jetzt also: der Film, doch noch ganz offiziell. Dan Sterling, Evan Goldberg und Seth Rogen, die für das Drehbuch verantwortlich waren, haben sicher lange nachgedacht, wo man einen "modern day Hitler" am besten finden könnte, einen Mann, den zu töten wirklich sinnvoll wäre.

Nordkorea ist deswegen so gut geeignet, weil es von einer Folklore ewiger stalinistischer Masseninszenierungen umgeben ist. Dagegen stellt The Interview eine herrliche Parodie auf die entsprechende amerikanische Version: den Stallonismus. Dabei wird die wesentliche Lektion des 21. Jahrhunderts angemessen berücksichtigt: Kriege werden heute zur Hälfte in den Medien geführt.

Drastische Körperkomik

Weder der eitle Skylark noch sein gutmütiger Partner Aaron haben das Rambo-Gen in sich, sie sind eher von der unbedarften Sorte, die von einem Fettnäpfchen zum nächsten stolpert und dabei die ganze Zeit kindische Streitereien austrägt. Das gibt Gelegenheit zu Wortspielen, die an obszöne Poesie erinnern: "they hate us cos they anus", dieses Axiom wird in allen Betonungen durchbesprochen, und als Eminem sich zu Beginn in einer Talkshow als schwul outet, kommt dabei auch das Rektum eines gewissen Hektor zur Sprache. Das sind Feinheiten auf dem Niveau des legendären "what's our vector, Victor?" aus Airplane. In dieser Tradition sollte man The Interview auch sehen.

Dazu kommt allerdings jene Körperkomik, mit der das US-Komödienkino seit Jahren alle Nuancen zwischen Ekel und Transgression auslotet und die hier ihren Höhepunkt erreicht, als Aaron Rapaport kurzfristig ein Behältnis für das Tötungswerkzeug verstecken muss. Da keine Kommode in Reichweite ist, muss es eine eigene Körperöffnung sein, was Skylark mit dem Satz quittiert: "You got fucked by Robocop."

James Franco ist brillant, selten kam eine Rolle seinem offensiven Charme so entgegen. Er hat den Freibrief zum Blödeln mit dem eigenen Image, das er ja bei seinen Anstrengungen in Kunstgefilden nicht immer so geschickt nützt. Mit Seth Rogen bildet er ein ideales Paar in fast jeder Hinsicht, eine Central Intelligence Agency ganz eigener Art. Wohl dem Land, das solche Geheimagenten hat. Sie finden die Sollbruchstellen jeder Achse des Bösen. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 3.2.2015)