Der in Bregenz lebende türkische Staatsbürger Eyüp Hanoglu steht am Dienstag vor Gericht.

Foto: privat

Bild nicht mehr verfügbar.

Wenig zimperlich: AKP-Bürgermeister Gökçek löst oft selbst Empörung wegen seiner Tweets aus.

Foto: EPA

Ankara/Wien - Twittern ist in der Türkei mittlerweile schnell eine strafrechtliche Angelegenheit. Das hat nun auch der in Bregenz lebende türkische Staatsbürger Eyüp Hanoglu feststellen müssen. Am Dienstag beginnt in Ankara ein Prozess, den Melih Gökçek, der für kontroverse Äußerungen bekannte Hauptstadtbürgermeister, gegen den 42-jährigen Bregenzer angestrengt hat.

Hanoglus Fehler: Er hat sich im April 2013 mit einer Twitter-Meldung an einem Meinungsaustausch beteiligt, der mit dem Leitbegriff - dem Hashtag - #DubistunartigMelihGökçek (#EdepsizsinMelihGökçek) im Internet geführt worden war. Tausende hatten damals ähnliche Kommentare abgegeben, sagt Hanoglu. Doch nur gegen ihn und einige wenige andere Twitter-Schreiber klagte Bürgermeister Gökçek wegen Verleumdung.

Hanoglu, der derzeit in der Türkei auf den Prozess wartet, hat dafür nur eine Erklärung: "Ich bin ein Aktivist und ein Oppositioneller. Und ich bin vor allem Kurde und Alevit aus Dersim." In Dersim, wie die zentralanatolische Provinz nun auch offiziell wieder heißt, lebt die politisch mehrheitlich links stehende kurdische Minderheit der Türkei, die der ebenfalls religiösen Minderheit der Aleviten angehört; 1937 schlug der türkische Staat dort einen Aufstand der Kurden nieder und massakrierte oder deportierte die Zivilbevölkerung.

"Wir müssen Angst haben", sagt Hanoglu nun, der Konzerte und politische Diskussionsveranstaltungen organisiert, im Gespräch mit dem STANDARD. Gökçek ist selbst ein eifriger Twitter-Schreiber. Er führte in der Vergangenheit rufmordähnliche Kampagnen gegen Journalisten; zuletzt machte er den Mossad für den Anschlag auf "Charlie Hebdo" verantwortlich. (Markus Bernath, DER STANDARD, 2.2.2015)