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Yiannis Varoufakis, Finanzminister.

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Martin Schulz und Alexis Tsipras hatten schon reichlich Gelegenheit, miteinander zu plaudern.

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Athen - Nach dem Rauswurf der Troika bemüht sich der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras, die Wogen im Schuldenstreit mit den europäischen Geldgebern zu glätten. Tsipras habe noch am Freitagabend mit EZB-Präsident Mario Draghi telefoniert, hieß es in Athener Regierungskreisen. In dem Gespräch "sei der Wille erklärt worden, eine für Griechenland und Europa gleichermaßen vorteilhafte Lösung zu finden". Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) zufolge rief Tsipras auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Parlamentspräsident Martin Schulz an, um die harten Worte seines Finanzministers Yanis Varoufakis zu relativieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone aus, beharrte aber auf Reformen.

Auch Juncker sei fest entschlossen, Griechenland in der Euro-Zone und der EU zu halten, berichtete die FAS unter Berufung auf das Umfeld des Kommissionspräsidenten. Man sei zwar beunruhigt über die Provokationen aus Athen. Jenseits der "grauenhaften" Rhetorik sei Tsipras jedoch sehr wohl zu konstruktiven Verhandlungen über ein neues Hilfspaket bereit. Finanzminister Varoufakis lehne zwar das verhasste Symbol der Troika ab, nicht aber die Kooperation mit den darin vertretenen Einrichtungen - der EU-Kommission, dem Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB).

Zusammenarbeit aufgekündigt

Varoufakis hatte der Troika, die bislang für die Geldgeber Hilfen und Auflagen mit dem hoch verschuldeten Land aushandelt, am Freitag die Zusammenarbeit aufgekündigt. Die von der linken Syriza geführte Regierung in Athen lehnt deren Sparauflagen ab und will auch das laufende Rettungsprogramm nicht verlängern. Griechenland wird seit 2010 von den Euro-Partnern und dem IWF mit insgesamt 240 Milliarden vor der Staatspleite bewahrt.

Die EZB stellte klar, dass sie die griechischen Banken nur dann weiter mit Krediten versorgen wird, wenn es bis Ende Februar eine Einigung mit der Regierung über eine Fortsetzung des Rettungsprogrammes gibt. "Ich denke nicht, dass man sich vor den Realitäten der Wirtschaft verstecken kann", sagte das finnische EZB-Ratsmitglied Erkki Liikanen dem Fernsehsender YLE. Einen neuen Schuldenerlass schloss er aus. "Die EZB kann einen Staat nicht direkt finanzieren, und das würde das in dem Fall bedeuten", erklärte er.

Varoufakis in Paris

Mit Spannung wurde erwartet, wie sich Varoufakis bei seinem Treffen mit dem französischen Finanzminister Michel Sapin am (heutigen) Sonntag in Paris positioniert. In der Zeitung "Agora" warb er um ausländische Investoren und kündigte transparentere Rahmenbedingungen an. "Unsere Verpflichtung gegenüber Anlegern, die in das produktive Netzwerk des Landes investiert haben, wird unangetastet bleiben", erklärte er. Griechenland brauche aber eine finanzielle Atempause. Frankreichs Finanzminister Michel Sapin hat sich jedenfalls gegen einen Schuldenschnitt für das Land ausgesprochen. "Wir können debattieren, etwas aufschieben oder erleichtern, aber wir werden nichts streichen", sagte Sapin am Sonntag im Fernsehsender Canal+.

Der griechische Wirtschaftsminister Georgios Stathakis regte gegenüber dem "Spiegel" eine Koppelung des Schuldendienstes an das Wirtschaftswachstum an. Auf den Hinweis, dass sein Land bis Ende Februar 2,3 Milliarden Euro Schulden tilgen müsse, versicherte er: "Wir werden die bedienen." Er forderte jedoch eine "machbare Lösung", um die Schulden in den Griff zu bekommen. Sinnvoll wäre es, die Rückzahlung an die Entwicklung der griechischen Wirtschaft zu koppeln. "Ist das Wachstum höher, zahlen wir mehr, ist es geringer, zahlen wir weniger."

Merkel hält an Reformkurs fest

Deutschlands Bundeskanzlerin Merkel hält unterdessen sowohl am Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone als auch an der Forderung nach einem Festhalten am Reformkurs fest. "Europa wird auch weiterhin Solidarität für Griechenland wie auch andere besonders von der Krise betroffene Länder zeigen, wenn diese Länder eigene Reform- und Sparanstrengungen unternehmen", sagte sie dem "Hamburger Abendblatt". Den von Tsipras geforderten Schuldenschnitt lehnte sie erneut ab und verwies darauf, dass Griechenland von den Banken bereits Milliarden Euro erlassen wurden.

Ähnlich äußerte sich Finanzminister Schäuble. "Wenn ich ein verantwortlicher griechischer Politiker wäre, würde ich keine Debatten über einen Schuldenschnitt führen", sagte er der "Welt". Wer die Finanzierung der griechischen Schulden kenne, wisse, dass es bis 2020 keine Probleme gebe. Tsipras will sich in den kommenden Tagen mit Juncker treffen und plant außerdem Antrittsbesuche in Zypern, Rom und Paris. Ein Treffen mit Merkel in Berlin steht dagegen bisher nicht auf seiner Tagesordnung.

Die Umwälzungen in Griechenland ermutigen unterdessen auch in anderen schuldengeplagten EU-Staaten die Menschen zu neuen Protesten gegen die Sparpolitik. Bei einer Großkundgebung der Partei Podemos feierten am Samstag in Madrid Zehntausende Spanier die neue griechische Regierung. Parteigründer Pablo Iglesias sprach von einem Wandel in Europa, der noch in diesem Jahr auch Spanien erfassen werde. Die Spanier wählen 2015 ein neues Parlament. In Umfragen führt die erst vor einem Jahr gegründete Podemos. (APA, 1.2.2015)