Jerusalem - Der israelische Siedlungsbau auf dem Gebiet eines angestrebten Palästinenserstaates macht Friedensbemühungen immer wieder zunichte. Knapp sieben Wochen vor der Wahl schreibt Israel nun den Bau von Wohnungen im Westjordanland aus. Beobachter sehen darin einen Wahlkampfschachzug von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Israel will Bauaufträge für mehr als 400 neue Siedlerwohnungen im Westjordanland vergeben. Die Friedensbewegung "Peace Now" und der Aktivist Daniel Seidemann berichteten am Freitag von entsprechenden Ausschreibungen. Geplant seien unter anderem Wohneinheiten in Kiryat Arba, Adam, Elkana und Alfei Menashe. "Peace Now" sprach von 450 Wohneinheiten, die gebaut werden sollen, während Seidemann auf Twitter 430 neue Wohnungen angab.

Deutschland "sehr besorgt"

Die deutsche Regierung hat sich "sehr besorgt" über die Ankündigungen Israels geäußert. "Diese Schritte erschweren weiter den Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung und senden vor dem Hintergrund des ausgesetzten Verhandlungsprozesses ein falsches politisches Signal", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts.

Die Regierung habe "die Parteien immer wieder aufgefordert, einseitige Schritte zu unterlassen, die zu einer Eskalation der ohnehin angespannten Lage in der Region (...) beitragen könnten", so die Sprecherin am Samstag in Berlin.

Bestätigung

Ein Sprecher des israelischen Bauministeriums bestätigte die Berichte. Es handle sich um Projekte, die bereits 2014 ausgeschrieben waren, aber nicht vergeben werden konnten. Israel wählt am 17. März ein neues Parlament.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte in einer Mitteilung, die Siedlungsbaupläne seien ein Beleg dafür, dass die Rufe nach Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern "die Zwei-Staaten-Lösung nicht retten werden". Erekat rief die internationale Gemeinschaft auf, einen Staat Palästina anzuerkennen und in israelischen Siedlungen hergestellte Produkte nicht zu handeln.

International stoßen Pläne, die Siedlungen auszuweiten, immer wieder auf Kritik. Unter anderem die USA und die EU sehen darin ein Hindernis auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung. "Peace Now" zufolge leben mehr als 500.000 der rund acht Millionen Israelis in Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem.

Der Aktivist Seidemann sieht in der neuen Ausschreibung einen Wahlkampfschachzug von Ministerpräsident Netanjahu. "Die Ausschreibungen können nicht ohne sein Wissen und Einverständnis veröffentlicht worden sein", schrieb Seidemann. "Erwartet mehr und noch Schlimmeres vor der Wahl".

"Peace Now" wertet die Ausschreibung auch als Affront gegenüber den USA. US-Außenminister John Kerry hatte sich im vergangenen Jahr erfolglos um eine Aussöhnung zwischen Israel und den Palästinensern bemüht. (APA, 30.1.2015)