Bild nicht mehr verfügbar.

Sergio Mattarella erhielt im vierten Wahlgang das notwendige Quorum von 505 Stimmen.

Foto: EPA/STF

Rom - Der italienische Verfassungsrichter Sergio Mattarella ist am Samstag zum neuen italienischen Staatspräsidenten gewählt worden. Der 73-jährige Kandidat von Premier Matteo Renzi erhielt im vierten Wahlgang das notwendige Quorum von 505 Stimmen, was der absoluten Mehrheit entspricht. Bei den ersten drei Wahlgängen war eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl des Präsidenten notwendig.

Mattarellas ist mit 665 Stimmen gewählt worden. Das liegt weit über der notwendigen Mehrheit von 505 der Stimmen. Der Erfolg des Kandidaten von Premier Matteo Renzi übertraf die größten Erwartungen seiner Anhänger.

An zweiter Stelle war der Ex-Richter Ferdinando Imposimato, der von der oppositionellen Fünf Sterne-Bewegung unterstützt wurde. Der ehemalige Mafia- und Terrorismusbekämpfer erhielt 127 Stimmen. Der Starjournalist Vittorio Feltri, Kandidat der oppositionellen Lega Nord, kam auf 46 Stimmen. Außerdem wurden 105 leere Stimmzettel abgegeben.

Mattarella ist der erste sizilianische Staatschef Italiens. Er wartete mit seinen Familienangehörigen in Palermo auf das Ergebnis der Präsidentenwahl. Premier Matteo Renzi gratulierte Mattarella per Twitter.

Der Staatspräsident ist in Italien in erster Linie der Garant der Verfassung. Laut dem Grundgesetz nimmt er vorwiegend repräsentative Funktionen wahr, beteiligt sich an der Regierungsbildung und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Eine entscheidende Rolle kommt ihm allerdings bei der Bewältigung von Regierungskrisen zu. Seine wichtigste Befugnis ist die Auflösung des Parlaments. Er kann eine Kammer oder beide auflösen.

In den vergangenen Jahren hat das Amt des Präsidenten zunehmend an Gewicht gewonnen. Napolitano war eine zentrale Figur in der italienischen Politik und hatte in Krisenzeiten zwischen den zerstrittenen Parteien vermittelt. Er spielte seit seinem Amtsantritt im Mai 2006 immer mehr die Rolle eines Krisenmanagers. Eigentlich wollte Napolitano schon im April 2013 das Amt abgeben - doch nachdem zwei Kandidaten bei einer chaotischen Wahl gescheitert waren, ließ er sich zu einer weiteren Amtszeit überreden.

Wortkarg und rigoros

Italiens neuer Staatschef ist ein wortkarger, rigoroser Jurist, der auf eine lange politische Karriere im Zeichen des Kampfes gegen die Mafia zurückblicken kann. Der fünfmalige Minister Sergio Mattarella ist nicht nur ein Verfassungsrichter und erfahrener Parlamentarier. Er ist auch eine Galionsfigur des Einsatzes gegen das organisierte Verbrechen.

Der 1941 in Palermo geborene Mattarella studierte Jus und wuchs in einer Politikerfamilie auf. Sein Vater Bernardo zählte in den Fünfziger- und Sechziger-Jahren zu den Spitzenpolitikern der Democrazia Cristiana (DC), für die er mehrmals als Minister gedient hatte. Nach dem Jusstudium unterrichtete Sergio Mattarella als Professor für parlamentarisches Recht an der Universität Palermo, als sein Leben am 6. Jänner 1980 eine unerwartete Wende nahm. Sein Bruder Piersanti, Präsident der Region Sizilien, wurde in Palermo von Mitgliedern der Cosa Nostra erschossen. Ab diesem Moment beschloss Sergio Mattarella, sich der Politik und dem Kampf gegen die Mafia zu widmen.

1983 wurde Mattarella erstmals ins Parlament gewählt. Auf Sizilien setzte er sich aktiv für die Wahl des Anti-Mafia-Politikers Leoluca Orlando zum neuen Bürgermeisters Palermos ein. Bis 2008 saß Mattarella im Parlament, zuerst für die Democrazia Cristiana, danach für die Nachfolgeparteien Partito Popolare Italiano (PPI) und Margherita. Später zählte Mattarella zu den Gründern der sozialdemokratischen Partei PD des jetzigen Premiers Matteo Renzi.

1987 rückte Mattarella zum Minister für die Beziehungen zum Parlament auf. 1990, damals Bildungsminister, trat er aus Protest zurück. Damit reagierte Mattarella auf ein von der Regierung verabschiedetes Gesetz, das auf entscheidende Weise den wirtschaftlichen Aufstieg des Medienunternehmers Silvio Berlusconi begünstigte. Mattarella zählte in den vergangenen Jahren stets zu den aktivsten Widersachern Berlusconis.

Nach dem Wahlsieg von Romano Prodi im Jahr 1996 kehrte Mattarella wieder in die Regierung zurück. Zunächst wirkte er als Vizeministerpräsident (1998-99), danach als Verteidigungsminister (1999-2001). In dieser Rolle schaffte er die Wehrpflicht in Italien ab. Der international bisher wenig bekannte Sozialdemokrat war der Autor eines Wahlgesetzes ("Mattarellum"), das von 1993 bis 2005 in Italien galt. Als Verfassungsrichter ist der verwitwete Vater von drei Kindern seit 2011 im Amt.

Bereits bei der Präsidentenwahl 2013 war Mattarella als Kandidat ins Rennen gegangen. Der Sizilianer war vom damaligen PD-Vorsitzenden Pier Luigi Bersani als Präsidentschaftskandidat vorgeschlagen worden. Damals zeigten sich die Parteien jedoch außerstande, einen neuen Staatschef zu wählen. Vereint baten sie daher den bereits seit 2006 als Staatsoberhaupt amtierenden Giorgio Napolitano, für ein zweites Mandat im Amt zu bleiben. Vor zwei Wochen war der 89-Jährige aber aus Altersgründen endgültig zurückgetreten. (APA, 31.01.2015)