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Das lange Konjunkturtief verunsichert Unternehmen. Sie halten sich bei Investitionen weiter zurück.

Foto: dpa/vennenbernd

Wien – Die heimische Wirtschaft ist in der zweiten Hälfte des Vorjahrs knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Haushalte, Staat und Unternehmen haben wieder ein bisschen mehr ausgegeben, was den starken Rückgang der Exporte um ein Prozent ausgeglichen hat. Am Ende stagnierte die Wirtschaftsleistung zwischen Oktober und Dezember. Das geht aus einer Schnellschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) hervor.

Bis zuletzt ging das Wifo davon aus, dass die Wirtschaft im dritten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft war. Nun spricht das Institut von einer Stagnation in diesem Zeitraum, die Wirtschaftsleistung wurde also etwas nach oben revidiert. Mit einem Minus im Quartal darauf hätte Österreich sonst die Voraussetzungen für eine technische Rezession erfüllt. Schwankungen um wenige Zehntelprozentpunkte spielen ökonomisch aber kaum eine Rolle.

Im ersten Halbjahr 2014 konnte die heimische Exportwirtschaft noch einen positiven Beitrag zum Wachstum liefern, schreibt das Wifo. "Sie verlor im weiteren Jahresverlauf erheblich an Dynamik." Stark zurückgegangen ist der Beitrag der Landwirtschaft, dort ist die Produktion im vierten Quartal um 3,3 Prozent geschrumpft.

Für den Wifo-Ökonomen Marcus Scheiblecker ist das aber angesichts der Russland-Sanktionen ein gutes Ergebnis. "Die Landwirtschaft hat gejammert, das ist jetzt aber sehr in Ordnung." Freilich fließe aber nur die Ernte in die Berechnungen ein, sagt Scheiblecker zu derStandard.at, ob die Bauern zum Beispiel Äpfel wegwerfen oder verkaufen, spiele keine Rolle.

Mit den Zahlen für die letzten drei Monate des Jahres steht jetzt auch eine Wachstumsrate für das ganze Vorjahr fest: 0,3 Prozent. Sie liegt knapp über dem Wert von 2013 (0,2 Prozent), aber weiterhin deutlich unter dem Potenzialwachstum, das laut Ökonomen etwa zwei Prozent beträgt. Das Wifo erwartete im Dezember noch ein Wachstum von 0,4 Prozent über das gesamte Vorjahr.

Was dem Konjunkturexperten Scheiblecker Sorgen macht: die Dauer des konjunkturellen Tiefs. "Das ist jetzt schon das dritte Jahr in Folge mit weniger als einem Prozent", sagt Scheiblecker. "Das ist für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft oft schädlicher als eine kurze tiefe Rezession." In einem kurzen Tief würden Unternehmen eher keine Mitarbeiter abbauen, dauere es länger, beginnen die Kündigungen.

Struktur oder Konjunktur

Heuer erwartet das Wifo ein Wachstum von 0,5 Prozent, im Jahr darauf sollen es 1,1 Prozent sein. Der Trend über die vergangenen Jahre liegt also bei etwa einem Prozent. Scheiblecker geht jedoch weiterhin davon aus, dass das Potenzial der heimischen Wirtschaft deutlich darüber liegt.

Nach einigen Jahren werde es aber unplausibel, dass es nicht auch eine strukturelle Schwäche sei, sagt der Wifo-Ökonom. Beim Wifo sei man aber noch davon überzeugt, dass Österreich in einem Konjunkturtief, nicht in einer Strukturkrise stecke. "Auch die USA haben erst jetzt die Lücke geschlossen. Dort hat es auch von 2008 bis 2014 gedauert." (Andreas Sator, derStandard.at, 30.1.2015)