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Der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Bank International, Karl Sevelda, hat einige harte Nüsse zu knacken. Vor allem die Krise in Russland zwingt die RBI zur einer radikalen Schrumpfkur.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wien - Dem Raiffeisensektor steht zumindest ein heißer Frühling ins Haus, eher aber ein sehr heißes Jahr 2015. Die Krise in (Süd-)Osteuropa, Russland und der Ukraine und die Entwicklung des Schweizer-Franken bringen die börsennotierte Raiffeisen Bank International (RBI; 60 Prozent hält die Raiffeisen Zentralbank RZB) unter Zugzwang.

Die RBI mit ihren Banken in 15 Ländern Zentral- und Osteuropas, einer Bilanzsumme von 132 Mrd. Euro (Ende September 2014), fast 56.000 Mitarbeitern und 3900 Filialen ist das Herz des Sektors. Das flimmert aber gehörig. Bis Ende September 2014 hat die RBI zwar noch einen Gewinn von 502 Mio. Euro erwirtschaftet; im dritten Quartal wegen Ungarn und der Ukraine aber bereits einen Nettoverlust von 119 Mio. Euro eingefahren. Für 2014 hat RBI-Vorstandschef Karl Sevelda einen Jahresverlust von bis zu 500 Mio. Euro angekündigt.

Rascher Ausstieg

Nun hat sich die RBI eine Diät verschrieben, die das Eigenkapital entlasten soll. Am Mittwochabend wurde das ad hoc gemeldet; geplant sei eine 20-prozentige Reduktion der Risk Weighted Assets, also des Geschäfts, das mit Eigenkapital unterlegt werden muss. Zum einen will die RBI Beteiligungen abstoßen, zum anderen Kreditportfolios loswerden. So könnte man sich laut RBI-Finanzchef Martin Grüll von mehr als einem Viertel der Polbank trennen, an der die RBI 70 Prozent hält. Dabei ist sie erst 2012 eingestiegen, was die österreichischen Aufseher damals für mehr als entbehrlich gehalten haben. Denn 2012 hatte die RBI (genauer: RZB) noch 1,75 Mrd. Euro an PS-Kapital des Bundes in ihren Büchern.

Die russische ZAO Raiffeisenbank soll nicht verkauft werden, beteuern Sevelda und Grüll unisono. Entgegen den Gerüchten werde nicht mit der russischen Alfa Bank verhandelt. Selbige dementiert die Gerüchte auf Anfrage des Standard nicht, kommentiert sie aber auch nicht. Möglicherweise nimmt die Bank der RBI aber russische Portfolios ab. Zwar erwartet man aus Moskau für 2014 rund 300 Mio. Euro Gewinn und auch 2015 schwarze Zahlen, die Wertberichtigungen steigen aber.

Landesbanken vor Umbau

Die RBI-Verluste werden auch zu einem Umbau des gesamten Raiffeisen-Sektors führen. Denn die acht Landesbanken (ihnen gehört RBI-Mutter RZB) haben zuletzt vor allem bzw. ausschließlich vom Gewinn und den Dividenden der RBI gelebt. Brechen die weg, kommen auch sie ins Trudeln. Über die Neuordnung wird daher bereits nachgedacht, zuständig dafür ist eine Arbeitsgruppe rund um RZB-Chef Walter Rothensteiner, seinen Vorstandskollegen Johannes Schuster und Sevelda. Sie klopft laut Standard-Informationen gerade alle Landesbanken auf die Tragfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle ab, auch Fusionen sind nicht mehr tabu. Im Raum steht auch das Modell der DZ-Bank, des Zentralinstituts der deutschen Genossenschaftsbanken. Man könnte, so eine der Überlegungen in der Raiffeisen-Survival-Gruppe, den Bankbetrieb in die RZB einbringen und die Landesbanken zu Beteiligungsholdings umfunktionieren. Das alles wird allerdings dauern.

Eigenkapital- und Bilanzierungsfragen haben Raiffeisen zuletzt extrem beschäftigt. Vor einem Jahr hat sich die RBI frisches Kapital vom Markt geholt; dafür hat sie das PS-Kapital im Juni zurückbezahlt; gegen den ursprünglichen Wunsch der Aufsicht. Und die RZB hat sich Mitte 2014 nach langem Hin und Her mit der Aufsicht auf neue Methoden bei der Anrechnung von Minderheiten verständigt. Eine Lösung, die im September die Chefin des "Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus" (SSM) auf den Plan rief. Damals forderte Danièle Nouy ihre Crew per E-Mail auf zu eruieren, ob "diese Bank einen neuen, kreativen Weg findet, um ihr Eigenkapital zu erhöhen". Die Lösung war aber wasserfest. (Renate Graber, DER STANDARD, 30.1.2015)