Kremsmünster/Steyr/Linz – Das Urteil zwölf Jahre Haft für den ehemaligen Konviktsdirektor des oö. Stiftes Kremsmünster ist am Donnerstag vom Oberlandesgericht (OLG) Linz bestätigt worden. Die Privatbeteiligten wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Nun muss ein Sachverständiger klären, ob der 81-jährige Ex-Pater haftfähig ist. Laut seinem Verteidiger wurde dazu bereits ein Gutachter vom Gericht bestellt.

Der Mann hat in den Jahren 1967 bis 1996 sexuelle und gewalttätige Übergriffe auf ehemalige Schüler verübt. Teils ging er mit einer Ochsenpeitsche, Tritten oder beidhändig ausgeführten "Stereowatschen" auf die Zöglinge los. Gelegentlich erklärte er Kinder für "vogelfrei". Dann durften Mitschüler den Betreffenden drangsalieren, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Insgesamt 24 Opfer wurden in der Anklage genannt. Zudem drohte der Beschuldigte mehrmals, er werde seine Pumpgun holen.

Dass er die Waffe bis 2010 illegal besessen hat, war offenbar ausschlaggebend, dass die anderen Vorwürfe nicht verjährten. OGH und OLG bestätigten Schuldspruch und Strafmaß. Am Donnerstag erschien der 81-Jährige überpünktlich, im dunklen Anzug und langsam am Stock gehend im Gerichtssaal, in dem auch ehemalige Zöglinge saßen. "Ich hör' schlecht, ich hab' jetzt nicht alles verstanden. Wenn ich nicht folgen kann, haben Sie bitte Geduld mit mir, ich bin etwas angeschlagen", sagte er zu Beginn der Verhandlung zur Vorsitzenden.

Tatzeitraum "exorbitant lange"

Dann überließ er das Reden aber weitgehend seinem Verteidiger Oliver Plöckinger. Dieser verwies u.a. auf das individuelle Strafempfinden: Auf die statistische Lebenserwartung von 88 Jahren hochgerechnet würden die zwölf Jahre für seinen Mandanten "einer lebenslangen Freiheitsstrafe plus fünf Jahre entsprechen".

Zudem habe er in den vergangenen Jahren Wohlverhalten gezeigt. Die Staatsanwaltschaft hatte im Gegensatz zum Angeklagten nicht gegen das Urteil berufen. Der Oberstaatsanwalt sah aber auch keinen Grund zur Strafminderung: Der Tatzeitraum sei "exorbitant lange" gewesen, die Übergriffe würden "Generationen von Jugendlichen" betreffen. Der Ex-Pater habe seine Möglichkeiten als Lehrer und Repräsentant des Konvikts ausgenutzt, um seine "Sexual- und Machtbedürfnisse" zu befriedigen.

Der Richtersenat bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Zwar sei das Argument des individuellen Strafempfindens zu berücksichtigen, aber auch die "hohe Täterschuld und der hohe soziale Störwert" der Delikte. Von den Privatbeteiligten ergriffen elf Rechtsmittel. Sie wollten Schadenersatz durch das Strafgericht zugesprochen bekommen.

Dabei ging es u.a. auch um die Frage, ob der 81-Jährige privat haftet oder die Republik im Zuge der Amtshaftung. Weil nicht klar sei, welche Übergriffe im "Erziehungsplan" (Amtshaftung) und welche in der Freizeit (private Haftung) geschehen sind, wurden die Betroffenen auch in zweiter Instanz auf den Zivilrechtsweg verwiesen. (APA, 29.1.2015)