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Studenten beim Aufnahmetest zum Lehramtsstudium. Die Industriellenvereinigung will die Pädagogischen Hochschulen in die Unis integrieren.

Foto: apa/Pfarrhofer

Wien - Die Industriellenvereinigung (IV) spricht sich in ihrem neuen Hochschulkonzept für Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen und eine Eingliederung der Pädagogischen Hochschulen (PH) in die Unis aus. Außerdem müsse es eine klarere Abgrenzung von Universitäten und Fachhochschulen geben, sagte IV-Präsident Georg Kapsch bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Derzeit gebe es keine österreichweite Abstimmung zwischen den einzelnen Hochschultypen, bemängelte Kapsch. Auch innerhalb des Universitätssektors sollten Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen zwischen den Studienangeboten vermieden werden. "Wir brauchen nicht an jeder Universität jedes Fach. Wenn jemand Theologie studieren will, soll er in Wien studieren." Ähnliches gelte für betriebswirtschaftliche Fächer, für technische Gegenstände dagegen vielleicht weniger. "Stattdessen schaffen wir eine neue Medizinfakultät in Linz, die in Wahrheit kein Mensch braucht."

Klare Trennung von FH und Uni

Starken Verbesserungsbedarf sieht die Industriellenvereinigung bei der Abgrenzung zwischen Fachhochschulen und Unis. "Die Fachhochschulen haben versucht, die besseren Unis zu werden, die Unis haben versucht, Fachhochschul-Kompetenzen zu übernehmen", sagte Kapsch. Daher gelte: "Bitte, Fachhochschulen, konzentriert euch auf euren Auftrag. Bitte, Unis, konzentriert ihr euch auf euren." So habe etwa Grundlagenforschung an einer Fachhochschule nichts verloren. Umgekehrt sei die Bachelor-Ausbildung an Unis jener an Fachhochschulen schon sehr nah, sagte der Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, Jochen Pildner-Steinburg.

Näher an die Unis heranrücken will die Industriellenvereinigung dagegen die Pädagogischen Hochschulen: Langfristig sollten diese sogar in die Universitäten integriert werden. "Es gibt keinen Grund, dass es separate Pädagogische Hochschulen gibt, die noch dazu an ein anderes Ministerium berichten", so Kapsch. "Warum läuft die Ausbildung dort anders als bei anderen Pädagogen?"

"Asoziales System"

Als Studiengebühr schweben Kapsch die derzeit für Ausnahmefälle vorgesehenen 363,36 Euro oder ein "etwas höherer Betrag" pro Semester vor. 1.000 Euro wären aber eindeutig zu viel. "Wir sind der Meinung, dass ein System, das keine Studiengebühren hat, das asozialste ist, weil es von denjenigen finanziert wird, die nicht beziehungsweise deren Kinder zu einem großen Teil nicht auf die Universitäten gehen."

Gleichzeitig müsse es aber Stipendien und ein Darlehensmodell geben, das sich an Australien orientiert, wo die Studienkredite einkommensabhängig erst im Erwerbsleben zurückgezahlt werden müssen. Über eine unterschiedliche Stipendienhöhe könne man eventuell auch Studierendenströme lenken, sagte Kapsch. So könne man für bestimmte Studienrichtungen wie etwa die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) höhere Stipendien auszahlen.

Autonomie bei Zugangsregeln

"Viel besser geregelt" werden muss nach Ansicht Pildner-Steinburgs der Hochschulzugang. Als positives Beispiel hob er die Aufnahmeverfahren der Medizin-Unis hervor. Bei der Wahl ihrer Auswahlinstrumente sollten die Unis weitgehende Autonomie haben. Gleichzeitig brauche es eine Studienplatzfinanzierung, die sich einerseits am erwarteten Bedarf der Gesellschaft und Wirtschaft und andererseits an den Kapazitäten der Unis orientiere. Klar getrennt werden müssten dabei Mittel für Forschung und Lehre.

In Sachen Finanzierung sind die Industriellen "nicht diejenigen, die nach großen weiteren Mitteln schreien aufgrund der steigenden Studierendenzahlen und der unbefriedigenden Zugangsproblematik", so Pildner-Steinburg. Stattdessen sollten Synergien genutzt und Kooperationen ausgebaut werden. "Was wir aber brauchen, ist ein gesicherter Finanzierungspfad." Derzeit werde jedes Jahr etwas Neues versprochen, es gebe aber keine Kontinuität. Die Mittel für Unis und Fachhochschulen müssten deshalb valorisiert werden.

Ausweitung der Rot-Weiß-Rot Card

Zusätzlich brauche es bessere Karrierepfade für Wissenschafter etwa auch durch niedrigere Steuern und Maßnahmen gegen den Braindrain, betonte Kapsch. "Was macht Google? Die Server stellen sie nach Österreich, die wissenschaftlichen Dinge siedeln sie an der und um die ETH Zürich an. Warum? Dort gibt es die entsprechenden finanziellen und personellen Ressourcen." Gegenwírken könne man unter anderem durch den Ausbau und die Ausweitung der Rot-Weiß-Rot Card.

Ein Dorn im Auge sind der Industriellenvereinigung die diversen Beratungsgremien im Wissenschaftsbereich. Diese sollten mittelfristig zusammengefasst werden, meinte Kapsch. Überdacht werden sollte auch der Nominierungsmodus der Uni-Räte, so Pildner-Steinburg: Einerseits müsse nicht unbedingt der Regierung ein Nominierungsrecht zukommen, und andererseits sollten statt Sozialpartnern mehr international erfahrene Professoren oder Fachleute zum Zug kommen.

"Schuss aus der Hüfte"

Für die Universitätenkonferenz (uniko) enthält das Konzept "wertvolle Vorschläge und Anregungen", etwa zur Hochschul-Finanzierung. Der Vorschlag, ganze Theologie-Fakultäten aufzulösen, mute aber eher wie ein "Schuss aus der Hüfte" an, sagte uniko-Präsident Heinrich Schmidinger in einer Aussendung.

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl sieht "kein Zukunftskonzept", sondern einen "Rückfall in Uralt-Zeiten der Studierenden-Belastung". Sie ist gegen Studiengebühren und weitere Zugangsbeschränkungen.

Der Wissenschaftssprecher der FPÖ, Andreas Karlsböck, erkennt neben guten Ansätzen "viele Gemeinplätze" und vermisst den "großen Wurf". Die Grüne Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer ortet ob der Vorschläge zu Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren "die klassische studierendenfeindliche, neoliberale Agenda, die wir von der IV seit Jahrzehnten kennen".

Neos sehen sich bestätigt

Die Neos sehen sich durch die IV-Vorschläge hingegen bestätigt: "Durch die stärkere Einhebung von Drittmitteln, eine sinnvoll umgesetzte Studienplatzfinanzierung und einen Beitrag der Studierenden, vorfinanziert durch ein staatliches Bildungsdarlehen, können wir die finanzielle Situation verbessern", heißt es seitens ihres Wissenschaftssprechers Nikolaus Scherak.

Die Fachhochschulkonferenz (FHK) erhofft sich von dem Papier Rückenwind für ihre Forderung nach einer "raschen Ausarbeitung einer Gesamtstrategie für den österreichischen Hochschulraum". In der IV habe man "einen starken Mitstreiter für den weiteren Ausbau der Fachhochschul-Studienplätze auf 50.000 bis 2018", so FHK-Präsident Helmut Holzinger. (APA, 29.1.2015)