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Die Zustände in chinesischen Zuliefererfirmen sorgten schon oft für Wirbel, verbessert hat sich laut Arbeitsrechtsorganisationen nur wenig.

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2012 sorgte eine Selbstmordserie in chinesischen Foxconn-Fabriken für Aufregung.

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Apple-CEO Tim Cook verweist darauf, dass Apple bessere Arbeitsbedingungen anstrenge – doch für Kritiker ist dies nur ein Bereich, in dem Apple fragwürdig agiert.

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So versteuert Apple seine Gewinne über ein komplexes System, um weniger Abgaben zahlen zu müssen – etwa über die irische Tochter.

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Außerdem monieren Kritiker, dass Apple zu wenig in Forschung investiere. Dafür wird momentan mit enormen Mitteln ein neuer "Apple Campus" erbaut

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Es war der höchste Gewinn, den ein Unternehmen je in einem Quartal erzielt hat: 18 Milliarden Dollar hat Apple in den vergangenen drei Monaten eingenommen. Zu verdanken hat der IT-Konzern das vor allem dem iPhone 6, das sich trotz Unkenrufen (Zu wenig innovativ! Zu groß!) hervorragend verkaufte. Der Bereich Smartphones sorgt für fast 70 Prozent des Apple-Geschäfts, das hier satt verdienen kann – auf Kosten der Arbeiter in Entwicklungsländern. Denn ein iPhone 6 kostet fabrikneu rund 200 Dollar. Und selbst hiervon geht nur ein Bruchteil für die Arbeitskraft drauf: Experten schätzen, dass ein einstelliger Prozentsatz dieser 200 Dollar für Löhne ausgegeben wird.

Langsame Verbesserungen

Wie ist die Arbeit in Apples Zuliefererkette? Darüber schwebt ein großes Fragezeichen. Fakt ist, dass Apple seit 2010 für Verbesserungen sorgen will. Damals schockierte eine Selbstmordserie unter Mitarbeitern des chinesischen Betriebs Foxconn, der für Apple Geräte herstellt, die Welt. Die Arbeitsbedingungen in China fanden ihren Weg in westliche Medien, Apple wurde unter Druck gesetzt. Daraufhin wurden bessere Kontrollen eingeführt. Allerdings ist man von westlichen Standards – und de facto menschenwürdigen Arbeitsverhältnissen – immer noch weit entfernt.

Menschenunwürdig

"2013 hielten unsere Zulieferer die 60-Stunden-Arbeitswoche im Durchschnitt zu 95 Prozent" ein, verkündete Apple unlängst stolz. Das bedeutet aber, umgerechnet: Arbeiter müssen jeden Tag mehr als zehn Stunden in einer Fabrik arbeiten – wenn man einen freien Tag pro Woche einberechnet.

Dafür erhalten die Arbeiter im Schnitt umgerechnet rund 350 Euro monatlich. Das reicht aber bei weitem nicht aus, um eine Familie zu ernähren, erklärt Pauline Overeem von Good Electronics in der "Taz".

Gehalt reicht nicht

Nötig ist dafür die doppelte Summe. Da die Gehälter und Preise in China stetig steigen, beobachten Arbeitsrechtsorganisationen momentan eine Verschlimmerung der Zustände, da von den Arbeitern für höheres Gehalt noch mehr erwartet wird. So berichtete die "New York Times", dass bei Pegatron, einem Apple-Zulieferer, sogar Schwangere elf Stunden täglich arbeiten müssen.

BBC: Kinder im Todesschlamm

Auch in anderen Bereichen der Zuliefererkette sind die Zustände mehr als kritikwürdig: Eine BBC-Reportage berichtete unlängst über ein indonesische Unternehmen, das Metall für die iPhone-Hülle herstellt. Der Rohstoff wird gewonnen, indem er aus Schlamm gesiebt wird. Diese Arbeit wird von Kindern ausgeübt; regelmäßig kommt es zu Schlammlawinen, die jugendliche Arbeiter in den Tod reißen. Apple zeigte sich "tief enttäuscht" von dem Bericht und wollte Nachforschungen anstellen.

Sammelklage in den USA

Kein anderes Unternehmen mache "so viel wie Apple, um faire Arbeitsbedingungen zu garantieren", hieß es in einem Statement. Doch selbst in den USA regt sich Widerstand der eigenen Belegschaft: In Kalifornien wurde eine Sammelklage angestrengt, weil sich Mitarbeiter der Apple-Stores durch Leibesvisitationen mit unbezahlter Wartezeit von zweimal 30 Minuten täglich ausgebeutet fühlen.

Komplexe Steuervermeidung

Auch in anderen Bereichen werden Apple-Praktiken scharf kritisiert, etwa bei der Steuervermeidung. Apple hat ein komplexes System aufgezogen, um möglichst wenige Steuern zahlen zu müssen. Wie der "Spiegel" berichtete, nutzt Apple dafür mehrere widersprüchliche Gesetze weltweit. So ist das Hauptquartier von Apple auf dem Papier in Cupertino, Kalifornien. Tochtergesellschaften sitzen allerdings in Irland und Singapur. Die irische Firma kauft nun von Apple-Zuliefern wie eben Foxconn fertige Waren und verkauft sie dann mit großem Aufschlag an andere Apple-Tochterunternehmen. Diese Gewinne werden in Irland versteuert, das Schema setzt sich bis in einzelne Apple-Stores fort.

Das ist zwar alles legal, allerdings kritisierten US-Kongress und EU-Parlament die Praxis scharf. Denn Apple mache Gewinn auf Kosten der Steuerzahler. Internationales Steuerrecht zu harmonisieren sei allerdings enorm komplex.

Börsentricks und Geldberg

Außerdem wird Apples Aktienpolitik scharf attackiert: Apple hatte zuletzt eigene Aktien erworben und so den Kurs in die Höhe getrieben. Damit erscheint die Aktie wertvoller, als sie vermutlich ist. Der IT-Konzern sitzt auf einem gigantischen Geldberg von 178 Milliarden Dollar (!), ist also der Dagobert Duck unter den IT-Firmen. Davon gibt Apple jährlich rund sechs Milliarden für Forschung aus.

Das sind laut "Spiegel" 3,2 Prozent des Umsatzes. Andere Firmen sorgen hier mit weitaus mehr Kraft für Innovationen: Bei IBM liegen die Ausgaben für Forschung über sechs Prozent, auch Microsoft und Samsung investieren weit mehr. Kritiker beklagten schon in den vergangenen Jahren, dass Apple oft andere, unausgereifte Innovationen übernehme und sie dann durch Design und Marketing zu Marktführern mache – ohne dabei selbst massiv zu forschen und gesellschaftlichen Mehrwert zu erzeugen.

Schmutzige Milliarden?

Insgesamt gäbe es also eine Vielzahl an Bereichen, bei denen Apple seine 18 Milliarden Gewinn – die der "Spiegel" sogar "Apples schmutzige Milliarden nennt" – investieren könnte. Dabei ist natürlich klar, dass Apple mit solchen Praktiken alles andere als allein ist: Auch andere große Smartphone-Hersteller produzieren bei Foxconn und anderen asiatischen Herstellern mit miserablen Arbeitsbedingungen. Auch andere Unternehmen (man denke nur an Amazon) nutzen Steuerschlupflöcher und verdienen so auf dem Rücken der Steuerzahler.

Fingerzeig auf andere

Und: Apple leistet mit dem Design seiner Produkte natürlich etwas für den technologischen Fortschritt der Gesellschaft. Auch im Bereich Umweltschutz zeigt sich die Führungsspitze in Cupertino engagiert. Allerdings ist Apple dank des Quartalergebnisses nun einmal jenes Unternehmen, das so viel Gewinn machte wie kein anderer Konzern zuvor – und da tut es Not, diese Praktiken zu thematisieren. (Fabian Schmid, derStandard.at, 29.1.2015)