"Es ist eigentlich wurscht, ob Sie sich das vorstellen können": Elmar Oberhauser leitete, präsentierte (Archivbild oben) und reformierte die "ZiB 2" von 1989 bis 1994. Sein Markenzeichen bei Interviews: "Das war nicht meine Frage." 1994 wurde er Sportchef des ORF, 2007 dann Infodirektor. Alexander Wrabetz brauchte damals die Stimmen des BZÖ im ORF-Stiftungsrat gegen den damaligen BZÖ-Koalitionspartner ÖVP, um ORF-General zu werden. Oberhauser legte sich 2010 gegen die Bestellung Fritz Dittlbachers zum TV-Chefredakteur quer, den er in einem internen Mail als SPÖ-Wunsch bezeichnete. Wrabetz stellte 2010 den Abwahlantrag, der Stiftungsrat stimmte zu.

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Anfang kommender Woche ist die "Zeit im Bild 2" 40 Jahre on air. Elmar Oberhauser hat sie als Moderator und Sendungschef Anfang der 1990er-Jahre geprägt. Im STANDARD-Interview erinnert er sich an eine "ZiB 2", die er binnen Stunden sonntags aus dem Boden stampfte, an den legendären Anchorman Robert Hochner – und an Hintergründe seiner Abwahl als Infodirektor 2010.

STANDARD: Schauen Sie noch die "ZiB 2", die Sie einige Zeit geleitet und vor wie hinter der Kamera geprägt haben?

Oberhauser: Ich sehe sie relativ regelmäßig. Die Sendung ist nach wie vor ein Markenzeichen, geprägt von Armin Wolf. An sehr vielen Tagen ist die Sendung ein Muss. Für mich ist allerdings völlig inakzeptabel, dass die Frau des Chefredakteurs weiterhin die Sendung moderiert.

STANDARD: Sie wurden 1994 zum ORF-Sport weggelobt, weil der damalige Generaldirektor Gerhard Zeiler nicht mehr Sendungschef und Moderator in einer Person haben wollte – was Sie bei der "ZiB 2" fünf Jahre lang waren. Erkennen Sie Ihre "ZiB 2" eigentlich heute noch wieder?

Oberhauser: Die "ZiB 2", wie sie heute ist, haben Karl Amon und ich 1989 ins Leben gerufen. Nur eines wurde nicht umgesetzt – ein täglicher "Runder Tisch". Aber das wäre vielleicht heute ein Blödsinn, und es war damals ohnehin nicht durchzusetzen: ORF-Generaldirektor Gerd Bacher war der Überzeugung, nach dem Beginn und dem Ende einer ORF-Nachrichtensendung muss man die Uhr stellen können.

STANDARD: Und das geht sich mit Live-Diskussionen noch schwerer aus als mit Interviews. Also: Amon, heute Radiodirektor, und Sie haben die "ZiB 2" erfunden, wie wir sie im trauten Kreis von einer halben Million Menschen heute sehen?

Oberhauser: Als ich die "Zeit im Bild 2" übernommen habe, hatte die Sendung keine eigene Redaktion. Die "ZiB 2" war das Überlaufgefäß der "ZiB 1". Man könnte auch, weniger elegant, vom "Misttrücherl" der "ZiB 1" sprechen: Die ORF-Hauptnachrichten sind um 10 Uhr vormittags konzipiert worden. Was die Ressortleiter da ankündigten, hätte eine dreiviertel Stunde "ZiB 1" gebraucht. Was zu viel war, hat man in die "ZiB 2" geschoben.

STANDARD: Wenn man von der Kuh im Studio absieht, die 1975 in der "ZiB 2" den Weltmilchtag illustrierte, und anderem Aktionismus auch der frühen Jahre: Wie würden Sie denn, abgesehen von einer eigenen Redaktion, die DNA beschreiben, die Sie der "ZiB 2" mitgegeben haben?

Oberhauser: Unsere Grundidee, von Karl Amon und mir, war: Wir wollten die Menschen nicht mit einem Haufen Information alleine lassen. Wir haben versucht zu erklären, wie es läuft, und kompetente Gäste zu haben, die das erklären.

STANDARD: Sie haben die "ZiB 2" nicht nur geleitet, sondern auch selbst moderiert.

Oberhauser: Ich hätte mir damals nie zugetraut, eine Nachrichtensendung zu moderieren. Aber als Robert Hochner zur "AZ" ging, hat Informationsintendant Johannes Kunz ohne mein Wissen öffentlich erklärt, dass ich die Moderation übernehme. Ich habe abgelehnt – und mich erst nach Gesprächen mit dem Moderatorentrainer der ARD breitschlagen lassen. Der hat gesagt, ich muss das machen.

STANDARD: Warum die – von Ihnen nicht unbedingt gewohnte – Zurückhaltung?

Oberhauser: Ich habe mir das nie zugetraut, bis dahin nie moderiert. Und ich wusste von Robert, wie schwierig und aufwändig das ist. Ich kenne wenige Moderatoren, die auch nur annähernd so gut vorbereitet waren wie der Robert. Er hat sich unglaublich hineingebissen. Das war, vor der Informationsfülle des Internets, vor Google, nicht so einfach wie heute.

STANDARD: Nun weiß man von Armin Wolf, dass sich der auf seine Sendungen auch äußerst akribisch vorbereitet ...

Oberhauser: Der Armin ist ein hervorragender Moderator, gar keine Frage. Wobei für mich der Robert der beste war. Das war sein Kind, das war seine Sendung. Robert war das Markenzeichen und der Moderator für mich. Er hat der Sendung ihr Gesicht gegeben.

STANDARD: "Profil" hat geschrieben, Robert Hochner und Sie seien "enge Freunde gewesen". In Kenntnis beider sehr unterschiedlicher Charaktere konnte ich mir das schwer vorstellen.

Oberhauser: Es ist eigentlich wurscht, ob Sie sich das vorstellen können. Unterschiedliche Charaktere waren wir sicher. Aber wir haben sehr gut zusammengearbeitet, das war wirklich eine Freude. Deshalb habe ich ihn nach seinem Wechsel in die Chefredaktion der "AZ" und dem Abgang dort auch wieder zurückgeholt. Aber natürlich kann man den Begriff Freundschaft sehr unterschiedlich definieren. Ich denke, ich kann mit Fug und Recht sagen, dass ich mit Robert befreundet war.

STANDARD: Ihr Markenzeichen in "ZiB 2"-Interviews war der insistierende Satz: "Das war nicht meine Frage." Nun sind Politiker heute, 20 Jahre danach, weit besser darauf trainiert, mit möglichst klugen Worten möglichst wenig zu sagen. Haben Sie Tipps, wie man dem begegnen kann?

Oberhauser: Ich glaube, dass der Armin das sehr gut macht. Deshalb weigern sich ja immer wieder Politiker, sich von ihm interviewen zu lassen.

STANDARD: Vielleicht moderiert er ja auch deshalb die "Sommergespräche" nicht mehr.

Oberhauser: Das kann ich aus der Ferne nicht beurteilen, aber der Verdacht liegt nahe. Und ich kann sagen: Ich sehe durchaus Parallelen zwischen Hochner und Wolf.

STANDARD: Gibt es jemanden, den Sie noch gerne selbst für die "ZiB 2" interviewt hätten?

Oberhauser: Viele. Zu viele, um sie hier aufzuzählen.

STANDARD: Und herausragende Erlebnisse Ihrer "ZiB 2"-Zeit?

Oberhauser: Dass Palästinenserführer Yassir Arafat nicht nur zu Robert Hochner, sondern auch zu mir ins "ZiB 2"-Studio kam, ist mir unlängst bei den Rückschauen eingefallen. Aber ein wirklicher Kraftakt war das Briefbombenattentat auf Helmut Zilk an einem späten Sonntagabend: Ich war Infochef vom Dienst, hatte die Bürotür schon hinter mir geschlossen, da läutet das Telefon drinnen. Ich gehe zurück – ein Anruf von einem Zeitungskollegen, der Augenzeuge des Polizeiaufgebots vor Zilks Wohnhaus wurde.

STANDARD: Und sonntags gab's auch damals keine "ZiB 2".

Oberhauser: Aber an diesem Sonntag ging um 22 Uhr eine "ZiB 2" zum Thema auf Sendung, und danach hatten wir einen "Runden Tisch".

STANDARD: Ihr schlimmster Moment in einer "ZiB 2"?

Oberhauser: Gab es sicher. Aber ich erinnere mich an keine.

STANDARD: Sie haben den ORF 2010 ja nicht freiwillig verlassen, auch weil sie als Informationsdirektor bei der Besetzung der TV-Chefredaktion uneins waren mit ORF-General Alexander Wrabetz und öffentlich Sorge um die Unabhängigkeit der TV-Information geäußert haben. Haben Sie die Sorge noch?

Oberhauser: Wrabetz ist inzwischen auf mich zugekommen, und wir haben heute ein ganz normales Gesprächsklima. Ich weiß nicht, ob es mir zusteht, dass ich mir Sorge um den ORF mache. Aber: Ich würde mich heute gegen den Fritz Dittlbacher nicht mehr querlegen. Das waren auch die Umstände. Die damals handelnden Personen in der Politik sind weg oder bald weg aus der Politik. Gegen wen soll ich noch bös sein? Aber ich würde immer aufstehen, wenn ein Bundeskanzler anordnet, wer Chefredakteur des ORF wird. Und nichts anders hatte Faymann getan.

STANDARD: Aber um die "ZiB 2" müssen Sie sich nicht sorgen?

Oberhauser: Ich denke nicht. Um ihre Verbreitung sehr wohl: Das ZDF hat immer wieder versucht, die "ZiB 2" aus dem Programm von 3sat zu kippen – wohl mit der Ambition auf einen Sendeplatz für das "Heute-Journal". Ich erinnere mich an schwere Auseinandersetzungen mit dem ZDF darüber. Man darf nicht vergessen: Uns sieht ganz Europa. Dass Arafat oder auch Ari Rath, der legendäre langjährige Chefredakteur der "Jerusalem Post", oft bei uns in der Sendung waren, lag auch daran, dass man uns bis Tel Aviv sehen kann. Dieses internationale Aushängeschild Österreichs muss erhalten bleiben. (Harald Fidler, derStandard.at, 29.1.2015)