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1,6 Millionen Deutsche sind von Beruhigungsmitteln abhängig.

Foto: dpa-Zentralbild/Matthias Hiekel

Wenn es um die Abhängigen von illegalen Drogen geht, wird oft emotional über das Problem diskutiert. Viel "versteckter" ist die Abhängigkeit von Arzneimitteln. Bis zu zwei Prozent der Deutschen - 1,6 Millionen Menschen - dürften von Schlaf- und/oder Beruhigungsmitteln ("Valium & Co.") abhängig sein. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Übersichtsarbeit im "Deutschen Ärzteblatt International".

Häufige Verschreibung

Katrin Jahnsen und die Co-Autoren haben alles an vorliegender wissenschaftlicher Literatur zum Thema der Verschreibung und der Verwendung von Benzodiazepinen (Tranquilizer, Schlafmittel) analysiert. Zunächst einmal fällt die häufige Verschreibung dieser Medikamente durch Ärzte auf.

Sie Mittel sind im Bedarfsfall hoch wirksam, sollten aber nicht länger als zwei bis vier Wochen verwendet werden. "Trotzdem bekommen vier bis fünf Prozent der Krankenversicherten zumindest einmal im Jahr Benzodiazepine oder Benzodiazepin-Derivate (...) pro Kalenderjahr verschrieben. Zusätzlich werden 13 bis 14 Prozent dieser Patienten 90 und mehr Tagesdosen verordnet", schreiben die Forscher.

Oft missbraucht

Eine erst vor kurzem erfolgte Schätzung hätte für Deutschland ein Vorherrschen von Missbrauch und Abhängigkeit von diesen Medikamenten bei fünf Prozent der Bevölkerung ergeben. "Sehr problematisch" sei die Verwendung der "Benzos" bei 2,8 Prozent der Benutzer, problematisch bei 17,5 Prozent. 20 Prozent jener Personen, welche im höheren Alter Benzodiazepine einnehmen, hätten einen problematischen Konsum.

Insgesamt verschreiben die deutschen Ärzte 230 Millionen Tagesdosen Diazepine pro Jahr. Die Hälfte davon erfolgt auf Privatrezepte, was die Beobachtung der Entwicklung noch zusätzlich erschwert. Der größte Teil des Benzodiazepin-Gebrauchs stammt von einem einzigen Anwendungsgebiet. "Jeder Zweite, der eines dieser Medikamente zu sich nimmt, schluckt es aufgrund von Schlafstörungen und jeder Vierte gegen innere Unruhe, Nervosität, Erregungs- oder Spannungszustände."

Das Problem liegt vor allem darin, dass eine Abhängigkeit von diesen Medikamenten sehr schwer zu behandeln ist. Bei entsprechender Schwere müssen die Betroffenen stationär und längerfristig ins Spital aufgenommen werden. (APA, derStandard.at, 28.1.2015)