Bild nicht mehr verfügbar.

Um Krebs früh zu erkennen, suchen Forscher nach Biomarkern - das sind Gene, Zellen oder Enzyme, die bösartiges Gewebe anzeigen. Im Bild: Darmkrebszellen durch ein Lichtmikroskop.

Foto: picturedesk.com/ Science Photo Library / AMMRF, University of Sydney

Graz - Neue Erkenntnisse machen immer deutlicher, dass derselben Krebserkrankung bei verschiedenen Patienten sehr unterschiedliche Mechanismen und Auslöser zugrunde liegen können. Dennoch werden in einem gewissen Stadium bei einem bestimmten Zelltyp alle Erkrankten nach demselben Schema behandelt. Wenig überraschend also, dass ein Teil der Patienten nicht auf die Therapie anspricht. Um die Behandlung genauer auf die Patienten abzustimmen, wurde diesen Jänner in Graz das K1-Kompetenzzentrum für Biomarkerforschung in der Medizin (CBmed) gegründet.

Bei Biomarkern handelt es sich um Gene, Zellen, Enzyme, Hormone oder sogar Sensorsignale, die Aufschluss über krankhafte Veränderungen oder die Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen geben. Um auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Behandlungskonzepte zu entwickeln, braucht man also dringend neue Biomarker-Typen.

Mittlerweile weiß man, dass Krebserkrankungen unterschiedlicher Organe denselben genetischen Auslöser haben können, wodurch dieselben Medikamente sowohl bei Darm- als auch bei Brust- oder Prostatakrebs wirken. Trotzdem gibt es zurzeit noch ein je eigenes Behandlungskonzept für jede Krebsart.

Personalisierte Behandlung

Das soll sich in naher Zukunft allerdings ändern. Indem man den genetischen oder stoffwechselbedingten Zustand der Patienten ermittelt, wird man schon früh vorhersagen können, wer auf welche Therapie anspricht. Die Behandlung wird also für den einzelnen Patienten maßgeschneidert.

Die Biomarker sind die Voraussetzung für die angestrebte "personalisierte Medizin", die nicht nur den Umgang mit Krebs, sondern auch mit Diabetes, Hepatitis und anderen Erkrankungen nachhaltig verändern wird.

CBmed wird im Rahmen des Comet-Programms mit Mitteln des Verkehrsministeriums und des Wissenschaftsministeriums gefördert. Insgesamt fließen 17,4 Millionen Euro bis 2018 von Bund, Land Steiermark und Stadt Wien in den international agierenden Zusammenschluss CBmed von 20 Forschungseinrichtungen und 30 Industriepartnern. Eigentümer sind die Med Uni Graz, Med Uni Wien, TU Graz, Uni Graz, Joanneum Research und das Austrian Institute of Technology.

"Wir werden nicht nur neue Biomarker identifizieren, sondern auch die Validierung von Biomarker-Kandidaten durchführen", sagt Thomas Pieber, wissenschaftlicher Geschäftsführer von CBmed. "Zudem wollen wir durch systematische Biomarker-Forschung die Entwicklung neuer Produkte für die klinische Anwendung vorantreiben."

Da das Immunsystem bei einer Reihe schwerer Erkrankungen eine zentrale Rolle spielt, rücken unter anderem immunologische Biomarker in den Fokus der Forschung.

"Wie schnell sich ein Krebs entwickelt und wie gut ein Patient auf die Behandlung anspricht, hängt nicht nur von der Krebszelle, sondern auch vom 'Wirtsorganismus' ab", sagt Pieber. "Und dieser wird maßgeblich vom Immunsystem beeinflusst. Es ist also denkbar, dass man am Verhalten des Immunsystems die Entwicklung einer Krebserkrankung prognostizieren kann."

Immunsystem mischt mit

Um diese Funktionalität des Immunsystems zu beschreiben, müssen die entsprechenden Biomarker gefunden werden. Auch bei der Entstehung von Typ-1-Diabetes mischt das Immunsystem mit. Hat man die nötigen immunologischen Biomarker, könnte man die Krankheit frühzeitig entdecken und optimal behandeln.

Der dritte Arbeitsschwerpunkt im Bereich der immunologischen Biomarker betrifft die Sepsis, also die Blutvergiftung. "Wir wollen verstehen, wie Sepsis entsteht und welche Veränderungen dabei im Vorfeld im Immunsystem auftreten", sagt Pieber. "Mit diesem Wissen kann man Antibiotika gezielter und wirksamer einsetzen."

Weltweit werden laufend neue Biomarker entdeckt - auch in Graz wurden in den letzten Jahren über zehn identifiziert. Die meisten dieser Kandidaten wurden aber noch nicht validiert, also kein Nachweis über ihre Eignung erbracht.

Deshalb wird man sich am CBmed neben der Identifizierung auch intensiv der Validierung neuer Biomarker widmen. Mit der klinischen Implementierung wird schließlich der Bogen von der Grundlagenforschung zur Praxis gespannt. Die materielle Basis all dieser Forschungsvorhaben sind Gewebe- und Blutproben.

Diese finden die CBmed-Experten in der Grazer Biobank, wo an die sieben Millionen Proben lagern. Ein wahrer Schatz für die Forschung, der letztlich auch den Ausschlag für die Förderzusage gab. "Mit unserem Know-how, der Grazer Biobank und den diversen Technologieplattformen sind wir für die Pharmaindustrie ein sehr interessanter Partner", sagt Pieber. "Schon jetzt sind führende internationale Firmen wie Merck oder Eli Lilly aus den USA mit an Bord." Bis 2018 sollen zudem an die 70 neue Arbeitsplätze, vor allem für Forscher, entstehen. (Doris Griesser, DER STANDARD, 28.1.2015)