Doha - Man glaubt es nicht, welche Länder bei der Handball-WM in Katar noch vertreten sind, zum Beispiel allein im ersten Viertelfinale am Mittwoch (16.30). Auf der einen Seite Kuba, Ägypten, Tunesien, Frankreich, Spanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Katar. Und auf der anderen Seite? Deutschland. Ausgerechnet die eingebürgerte Weltauswahl des WM-Gastgebers trifft auf die nachgerückte Auswahl des Weltmeisters 2007. Die Deutschen hatten ursprünglich und eigentlich die Qualifikation verpasst, dann aber vom Weltverband (IHF) den Platz der zwar qualifizierten, jedoch mit fadenscheinigen Begründungen ausgeladenen Australier zuerkannt bekommen.
Unter dem Strich sind beide Teams (noch) im Turnier, weil Geld natürlich nicht nur die Welt, sondern auch den Sport regiert. Um die Austragung dieser WM hatten sich neben Katar auch die Handballnationen Frankreich, Polen und Norwegen beworben, gegen das kleine Katar waren sie machtlos. Mit Unterstützung der IHF hat Katar viele Journalisten und Fans zur Endrunde eingeladen, katarische Erfolge werden auf der Tribüne auch von Spaniern bejubelt, denen Flug und Aufenthalt bezahlt wurden.
Die deutschen Handballer waren im Playoff an Polen gescheitert. Wenig später wurden sie nachnominiert, noch später kursierten sogar Gerüchte, die Nachnominierung wäre schon vor dem Duell mit Polen festgestanden. So oder so hat die IHF nicht auf den wichtigen deutschen Markt verzichten wollen. Da mutete es dann wie ein Treppenwitz an, dass ARD und ZDF auf WM-Übertragungsrechte verzichteten, weshalb nun alleine Sky überträgt.
Im Achtelfinale hatten die Gastgeber mit Österreich ihre liebe Not (29:27), nun ist Katars Einbürgerungspolitik für die Deutschen ein Thema geworden. Ex-Welthandballer Daniel Stephan (42) fordert eine Regeländerung. "Wenn man ein A-Länderspiel für eine Nation absolviert hat, sollte man den Verband nicht mehr wechseln dürfen." Was das deutsche Nachrücken betrifft, hatte sich Stephan allerdings auch kein Blatt vor den Mund genommen, von einer "Lex Deutschland" geredet und die IHF-Entscheidung "äußerst fragwürdig" genannt. (fri, sid, DER STANDARD, 28.1.2015)