Bild nicht mehr verfügbar.

"88" steht in Neonazikreisen für "HH", also "Heil Hitler". Prominente aus Salzburg machen gegen Rechtsextreme mobil.

Foto: AP/Proepper

Salzburg - In der Sprache der Psychotherapie nennt man das wohl paradoxe Intervention: Ausgerechnet mit der Zahl 88 - dem Neonazicode für "Heil Hitler" - mobilisiert die Salzburger Stadtregierung gegen Rechtsextremismus und Neofaschismus.

Mit der Aktion #88gegenrechts! reagiert die Stadtregierung auf die inzwischen kaum mehr überschaubare Zahl an rechtsextrem motivierten Straftaten der vergangenen eineinhalb Jahre. "Was passiert ist, ist uns alle in Mark und Bein gefahren", sagt Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) zu der Serie rechtsextremer Akte. Die Liste ist lang: Sie reicht von der Beschmierung von Stolpersteinen über Angriffe auf die Synagoge, Schmieraktionen gegen das Mahnmal für die Opfer der NS-Zeit am Kommunalfriedhof bis zur Zerstörung des Mahnmals für die Euthanasieopfer. Erst vor wenigen Tagen wurde ein Glaskubus an der Staatsbrücke eingeschlagen. Dieser erinnert an Zwangsarbeiter, die zum Brückenbau gezwungen worden waren.

88 Prominente unterstützen Aktion

Als ersten Schritt von #88gegenrechts! hat Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) 88 Prominente aus allen Gesellschaftsbereichen zusammengetrommelt, die die Aktion unterstützen. Unter ihnen findet sich der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Marko Feingold ebenso wie die Rektorin der pädagogischen Hochschule Elfriede Windischbauer oder die ehemalige Skirennläuferin Alexandra Meissnitzer.

#88gegenrechts! ist vor allem als Mitmachaktion in den sozialen Medien angelegt. Neben einer eigenen Facebookseite gibt es auch auf Instagram und Twitter den Hashtag #88gegenrechts.

Dass die Verwendung des Zahlencodes 88 nicht ganz unproblematisch ist, räumt Hagenauer bei der Präsentation auch ein. Immerhin steht dieser nach dem achten Buchstaben im Alphabet für HH, also für "Heil Hitler". Es habe im Vorbereitungsteam Diskussionen gegeben, "aber wir wollen den Ewiggestrigen damit auch ihre Symbole wegnehmen", sagt Hagenauer. Umgekehrt gehöre die Zahl allen, und man lasse sich von Rechtsextremen nicht einmal diese eine Zahl streitig machen.

Vorbild Bayern

Als Vorbild für die Aktion habe auch das bayerische Wunsiedel gedient. Dort wurden vergangenen Herbst anlässlich eines Neonaziaufmarsches von der Bevölkerung für jeden Meter, den der braune Zug zurückgelegt hat, zehn Euro an die Aussteigerinitiative Exit-Deutschland gespendet. Der Naziaufmarsch wurde zum unfreiwilligen Spendenlauf.

Der Zeitpunkt der Präsentation am Montag war übrigens bewusst gewählt. Am Dienstag beginnt der erste Geschworenenprozess gegen zwei junge Männer, die Stolpersteine geschändet haben sollen. Dienstagnachmittag werden dann am Bahnhofsvorplatz zwölf Stolpersteine für ermordete Zwangsarbeiter verlegt. Anlass ist der 70. Jahrestag der Befreiung des KZs in Auschwitz. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 27.1.2015)