"Vogelsbergeriana": Intervention von Manuel Gorkiewicz, die den Weg in die "Stadtgalerie" weist.

Foto: Gorkiewicz

Schwaz/Wien - Bitte kreuzen Sie an! "Die Eingeborenen empfingen uns freundlich", "Wir frühstückten mit Joseph Beuys", "Kunst ist schrecklich, wir auch", etcetera. Dank dieses Services der Galerie der Stadt Schwaz für die Biennale Venedig 1997 war die Feldpost nach Hause schnell geschrieben. Die Postkarte diente gleichzeitig der Anmeldung zur Gruppenreise zu dem internationalen Kunstereignis.

Allein solche Einladungen stehen für den kritischen, mit Witz gepaarten Geist der Ära Vera Vogelsberger als Gründungsdirektorin der Institution (1994-1998). Bevor die damals an der Angewandten lehrende Schwazerin im Palais Enzensberger aber klassische Ausstellungsformate (Gruppenschauen mit Künstlern wie Vanessa Beecroft, Paul McCarthy oder Irwin) um Kunst im öffentlichen Raum, Symposien, Musik und Film - kurz: um multimediale, prozessorientierte Aspekte - erweitern konnte, schwelte in Schwaz allerdings ein heftiger "Galeriestreit". Zum Glück konnte sich 1994 doch das mutigere Nonprofitkonzept für ein Gegenwartskunstforum (drittelfinanziert von Stadt, Land und Bund) gegen die Idee einer von der konservativen Politik favorisierten, kommerziellen Galerie durchsetzen.

"Die Galerie experimentiert mit ihrem eigenen Sinn" lautet ein Zitat Vogelsbergers, das auch titelgebend ist für eine Publikation, die der 2007 im Alter von nur 49 Jahren Verstorbenen nun zum 20-jährigen Bestehen der Galerie gedenkt. Ausstellen allein - ohne Berücksichtigung zeitlicher und lokaler Kontexte - war ihr zu wenig. Vogelsbergers Ziel der "Integration" in Bezug auf Kunst, Leben und Stadt, war weder mit dem Modell einer kunstmarktorientierten Galerie - Zitat "Luxusgüterhandlung" - noch mit Spartenprogramm zu erzielen. Daher setzte sie auf Medienübergreifendes und "betont Gesellschaftsorientiertes", auf das utopische Potenzial der Region, jedoch auf eine überregionale Ausrichtung. Und tatsächlich machte die Stadtgalerie weit über Tirols Grenzen hinaus von sich reden.

Vogelsbergeriana heißt die aktuelle Schau (begleitet von einer weiteren Publikation), die Momente und Kunstschaffende ihrer Ausstellungsprogramme erinnert. So etwa an das Kochbuch keiner Hausfrau von Martha Murphy, einem Hybrid aus Kunst und Leben, aus Tagebuch, Ideen und - tatsächlich Kochrezepten.

Zum Start der Ausstellung hatte Manuel Gorkiewicz die Altstadt mit Glitzer-Girlanden geschmückt, um so den Weg in die "Stadtgalerie" zu weisen. Ein subversives Statement, denn die Galerie der Stadt Schwaz wird zwar seit jeher so genannt, musste sich vor drei Jahren aber dennoch diesen Namen vom Koloss eines innerstädtischen Einkaufszentrums, den "Stadtgalerien", abspenstig machen lassen. Triumphierte 1994 noch die Idee über den Kommerz, so ist es nun leider umgekehrt. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 27.1.2015)