Wie heikel das Thema ist, das unter dem Begriff Sterbehilfe firmiert, zeigt sich derzeit in den Niederlanden. Dort sind seit 2001 die freiwillige Lebensbeendigung mittels Medikamentengabe durch einen Arzt und die ärztlich assistierte Selbsttötung unter Auflagen straffrei, doch seit kurzem wird über die Regelung heftig gestritten: Die Zahl von Fällen hat sich mehr als verdoppelt. Es stellt sich die Frage, ob im Umgang mit dem Sterben auf Wunsch etwas aus dem Ruder gelaufen ist.

Derlei Konflikte sind Österreich bis dato erspart geblieben; doch sich darüber lobend auf die Schulter zu klopfen wäre falsch. Vielmehr hat man sich hierzulande erfolgreich um eine ernsthafte Erörterung des Themas gedrückt. Die Tötung auf Verlangen ist in Österreich verboten, und das soll sie offenbar auch mit allen politischen Mitteln bleiben, wie sich bei der parlamentarischen Enquetekommission "Würde am Ende des Lebens" zeigte, die am Freitag zum letzten Mal tagte.

Dort stand zuerst Sitzung um Sitzung die Palliativversorgung im Mittelpunkt. Caritas, Diakonie und andere forderten flächendeckende Versorgung und ein Recht aller Bürger darauf: ein wichtiges Thema, doch was Selbstbestimmung am Ende des Lebens angeht, nur ein Teilbereich. Dann, zuallerletzt, wurde über ein verfassungsrechtliches Verbot der Tötung auf Verlangen debattiert: eine Forderung der ÖVP, die in dieser Frage keinen Millimeter zwischen sich und die katholische Geistlichkeit kommen lässt.

Infolgedessen wurde bei der Enquetekommission ein Thema überhaupt nicht erläutert: jenes der Sterbehilfe als solche. Das kommt einer Diskussionsverweigerung gleich, die jene vielen Bürger frustrieren muss, die sich von der Politik zu Recht Entscheidungskompetenz auf der Höhe der Zeit erwarten. Auch in besonders schwierigen Fragen - in Österreich ebenso wie in den Niederlanden. (Irene Brickner, DER STANDARD, 24.1.2015)