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Der verstorbene König Abdullah (li.) im Jahr 2010 mit seinem Nachfolger und Halbbruder Salman (re.). Dieser ist offenbar selbst nicht bei guter Gesundheit, sein Nachfolger, Kronprinz Muqrin, stand bereits fest. Nun hat er auch dessen Nachfolger, Mohammed Bin Nayef, bestimmt.

Foto: AP / Saudi Presse Agency

Riad/Wien - Kontinuität und keine Debatte darüber, wie es an der Spitze des Königreichs weitergeht: Das war die Botschaft aus dem saudischen Königshaus am Tag nach dem Tod von König Abdullah Bin Abdulaziz Al Saud (90). Die Ernennung des neuen Königs, Salman Bin Abdulaziz (79), wurde gleichzeitig mit dem Ableben von Abdullah bekanntgegeben. Salman seinerseits ernannte sogleich Prinz Muqrin zum Kronprinzen, der bereits als Vizekronprinz im Frühjahr als gemeinsame Wahl Abdullahs und Salmans präsentiert worden war - wobei Abdullah damals sein Dekret mit dem Befehl untermauerte, dass es auch nach seinem Tod nicht geändert werden dürfe.

Der verstorbene König Abdullah, König Salman und Kronprinz Muqrin sind allesamt Halbbrüder, Söhne des Staatsgründers Abdulaziz Al Saud (gestorben 1953).

Eher überraschend war jedoch, dass auch schon ein Vizekronprinz für den 69-jährigen Muqrin bestimmt wurde. Es ist Innenminister Mohammed Bin Nayef. Da ist er also, der erwartete Sprung in die Enkelgeneration des Staatsgründers. Durch die prompte Weichenstellung soll jede Spekulation abgestellt werden, dass unter den Enkeln ein Nachfolgestreit ausbrechen könnte.

Der 2006 von König Abdullah ins Leben gerufene Thronrat wird die Ernennung wohl absegnen: Dass deshalb völlig Konsens herrscht, muss das nicht heißen. Auch die Ernennung Muqrins zum Vizekronprinzen im Frühjahr soll vom Kabinettschef König Abdullahs, Khaled al-Tuwaijri, gegen den Willen eines Teils der Familie durchgedrückt worden sein. Seitdem läuft hinter den Kulissen eine Kampagne gegen ihn.

Sudairi-Enkel

Mohammed Bin Nayef ist Sohn des 2012 verstorbenen Kronprinzen und Innenministers Nayef, der dieselbe Mutter, Hassa al-Sudairi, wie Salman hatte. Die Sudairis galten immer als die stärkste Gruppe in der Königsfamilie. Das wurde durch die lange Regentschaft Abdullahs - der zwar erst 2005 König wurde, aber ab 1995 den amtsunfähigen König Fahd vertrat - etwas abgeschwächt. Als anderer starker Kandidat galt Miteb Bin Abdullah, Minister und Chef der Nationalgarden, ein Sohn des verstorbenen Königs.

Mohammed Bin Nayef hat beste Beziehungen zu den USA, wo er so offen favorisiert wurde, dass dies in Riad als Versuch der Einflussnahme auf die Thronfolge kritisiert wurde. Er war teilweise Ansprechpartner der Amerikaner beim Kampf gegen Al-Kaida. Sein Vater, Nayef, war ein Hardliner, das trifft aber auf ihn nicht zu - und auch nicht auf den neuen König, Salman.

Über den Gesundheitszustand Salmans gibt es widersprüchliche Aussagen, seine erste Rede als siebter König auf dem saudischen Thron war nicht überzeugend und konterkariert die behauptete Stabilität. Seinem Sohn Mohammed übertrug er das Verteidigungsministerium, das er zuvor selbst innegehabt hatte. Er ist auch Chef des Königlichen Hofs. Das heißt seine Söhne - einer davon ist stets um ihn - werden wohl eine starke Rolle in seiner Regierung spielen.

König Abdullah war in der Nacht zum Freitag im 91. Lebensjahr im Krankenhaus verstorben, in das er kurz vor Jahresende mit einer Lungenentzündung eingeliefert worden war. Er wurde noch am Freitag bestattet, nach der salafistisch-wahhabitischen Tradition in einem unmarkierten Grab, denn nichts soll zur Verehrung und damit zur Ablenkung vom Monotheismus beitragen.

Vorsichtiger Reformer

Völlig im Kontrast zur Debatte, die zuletzt in Österreich um das Religionsdialogzentrum KAICIID lief, das den Namen des Königs trägt und eins zu eins mit den Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien identifiziert wurde, fielen die internationalen Würdigungen Abdullahs - etwa von US-Präsident Barack Obama, der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, des israelischen Präsidenten Reuven Rivlin - respektvoll und anerkennend aus.

In Saudi-Arabien selbst und auch außerhalb galt der König als vorsichtiger Reformer, der gerade durch Initiativen wie das KAICIID und durch seine Personalpolitik die Hardliner im Königreich verstörte. Sogar in den Breaking News, die CNN kurz nach Mitternacht mitteleuropäischer Zeit ausschickte, wurde diese Einschätzung als "Reformer, der sich oft gegen den strengeren Klerus stellte" erwähnt. Saudi-Arabien ist eben ein sehr komplexes Land. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 24.1.2015)