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Das Gedenken an die Opfer scheint einfach. Schwieriger ist der Umgang mit den Leichen der Täter.

Foto: EPA/JOSE SENA GOULAO

Es ist ein makabres Thema, bei dem viel Unausgesprochenes mitschwingt: Wo sollen, ja, müssen die sterblichen Überreste der drei Pariser Attentäter bestattet werden? Die Frage betrifft auch die Identität der beiden Kouachi-Brüder und ihres Komplizen Ahmedy Coulibaly. Alle drei sind Einwandererkinder, aber auch gebürtige Franzosen. Und offenbar nur Franzosen: Laut der Zeitung "Libération" haben zumindest die Kouachis nie um den algerischen Pass angesucht, auf den sie wegen der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern Anspruch gehabt hätten.

Auch Coulibaly verfügte offenbar nur über die französische, nicht aber über die malische Staatsbürgerschaft seiner Eltern. Die französischen Behörden wollten seinen Leichnam trotzdem dorthin abschieben. Er war schon am Pariser Flughafen, als die Behörden in der malischen Hauptstadt Bamako ihre Einreiseveto einlegten. Die schroffe Antwort zeugt von der Symbolik der ganzen Frage: Das gemäßigt islamische Mali liegt derzeit im Krieg mit Jihadisten des regionalen Al-Kaida-Ablegers und will Pilgerzüge an das Grab des von der französischen Polizei erschossenen Islamisten verhindern.

Im Morgengrauen beigesetzt

Coulibalys Leichnam wurde deshalb ins gerichtsmedizinische Labor von Paris zurückgeschafft, bis sein letzter Ruheort geklärt ist. Am Freitag wurde er im Morgengrauen so diskret wie möglich im Pariser Vorort Thiais beigesetzt. Möglich gewesen wäre auch sein letzter Wohnort Fontenay-aux-Roses in der Pariser Banlieue, doch der Bürgermeister erklärte, seine Gemeinde verfüge auf dem Gemeindefriedhof über kein muslimisches "Eck" und könne Coulibaly deshalb nicht aufnehmen.

Bei den Kouachi-Brüdern versuchten es die französischen Behörden gar nicht erst, sie über das Mittelmeer loszuwerden: Algerien hatte sich schon 2012 geweigert, den Terroristen Mohammed Merah aufzunehmen. Er wurde an seinem Wohnort Toulouse in einem anonymen Grab beigesetzt. Nicht einmal der Name des Friedhofs wurde bekanntgegeben, um missliebige "Ehrungen" zu verhindern.

Kurz vor Mitternacht beigesetzt

Das Gleiche geschah nun mit Chérif und Saïd Kouachi: Sie wurden am vergangenen Wochenende "kurz vor Mitternacht", wie Lokalmedien berichteten, in Gennevilliers bei Paris beziehungsweise Reims beigesetzt. Die Bürgermeister hatten sich vergeblich dagegen gewehrt; sie erreichten nur, dass nicht einmal die engsten Angehörigen anwesend sein durften.

In einem Land mit katholischen Wurzeln wäre es selbst bei Schwerverbrechern undenkbar, jemandem die letzte Ruhestätte zu verweigern. Das tat auch der rechtsextreme Front National (FN) nicht, obschon er immer wieder anklingen lässt, die Attentäter seien keine "richtigen" Franzosen gewesen. FN-Sekretär Nicolas Bay meinte, man hätte diesen Islamisten die Staatsbürgerschaft schon früher entziehen sollen. Das ist aber rechtlich nur für eingebürgerte Franzosen möglich. Und die drei Attentäter waren schon bei der Geburt Franzosen geworden. (Stefan Brändle, derStandard.at, 23.1.2015)