Wien/Zürich - Zahlende Kunden und Umsatz, Relevanz und das Funktionieren des Clubs nennt Veit Dengler, Geschäftsführer der "Neuen Zürcher Zeitung"-Mediengruppe, als Erfolgsfaktoren für das neue Online-Portal NZZ.at. "Wir wollen nicht 200.000 Abonnenten, sondern eine spitze Zielgruppe von Entscheidern und Studenten", sagte Dengler Mittwochabend bei einem Hintergrundgespräch anlässlich des NZZ.at-Starts in Wien.

Einige tausend User schauten am ersten Tag vorbei, mehrere hundert neue Abos konnten dabei verbucht werden, bei über tausend Abonnenten hält man inzwischen, 10.000 peilt das NZZ.at-Team im ersten Jahr an. In den nächsten Wochen sollen eine Reihe von neuen Formaten und Inhalten folgen und das neue Online-Produkt technisch stabilisiert werden, kämpfte man doch in den ersten Tagen noch mit dem einen oder anderen Bug. "Das ist eine Laborsituation. Wir müssen der zarten Pflanze mal etwas Zeit geben", erklärte Dengler.

"Guter Anfang"

Quartalsweise soll die Entwicklung beobachtet und analysiert werden. "Ich habe jedenfalls die Hoffnung, dass sich NZZ.at nach einer gewissen Zeit selbst trägt, und wir wollen im politischen Diskurs relevant sein. Es ist zu früh, um zu sagen, es ist ein Erfolg, aber es ist ein guter Anfang," so Dengler. Den Preis von 14 Euro pro Monat hält der NZZ-Chef nicht für zu hoch. "Die Preiselastizität ist bei unseren Zielgruppen relativ gering. Ich fände es im Sinne der Branche gut, wenn sich zeigt, dass Bezahlmodelle funktionieren."

Ohne die gelernte Ressortaufteilung klassischer Medien widmet sich NZZ.at unter den Rubriken Phänomene, Nachrichten und Club den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur sowie dem "guten Leben" und setzt dabei auf bürgerlich-liberalen Qualitätsjournalismus. Dabei werde man sich laut Chefredakteur Fleischhacker auch immer wieder gegen den herrschenden Mainstream-Journalismus positionieren. "Das ist ein liberales Projekt, und wir werden unverlässlich unverlässlich sein", so Fleischhacker. Rund 30 Nachrichten-Takes sollen in den Themen-Rubriken Phänomene und Club täglich neu erscheinen. Dazu gibt es in Kooperation mit dem Medien-Start-up Updatemi laufend aktuelle Kurznachrichten sowie Nachrichtenbriefings.

"Interessieren uns nicht für Politik-Politik"

Auf die klassische "Politik-Politik"-Berichterstattung werde man laut Fleischhacker verzichten. "Wir interessieren uns nicht für Politik-Politik. Von Frage-Antwort-Interviews mit Politikern ist heute ja nicht mehr viel zu erwarten. Wir würden aber vermutlich auch gar kein Interview mit dem Bundeskanzler bekommen, was sich gut trifft, weil wir auch keins wollen." NZZ.at werde insgesamt einen "höheren Freiheitsgrad im Umgang mit dem polit-medialen Komplex" haben. "Der Umstand, dass die Politik im Jahr 200 Millionen Euro über Inserate in österreichische Medien steckt, geht an diesen inhaltlich ja nicht spurlos vorüber", meinte Fleischhacker.

"Wir gehören zur Minderheit der Medienunternehmen, die in Publizistik investieren und mit Publizistik Geld verdienen wollen", betonte NZZ-CEO Dengler. "Andere investieren in Marktplätze. Wir agieren gegen den Trend, aber ich finde, der Markt ist da." Sollte sich NZZ.at positiv entwickeln, schließt Dengler für Österreich auch eine Wochenzeitung nicht aus. "Wenn's ein rasender Erfolg ist, werden wir über ein Printprodukt nachdenken." (APA, 22.1.2015)