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Natalia Jaresko wünscht sich mehr internationale Hilfe für die Ukraine.

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Die Finanzministerin der Ukraine, Natalia Jaresko, drängt auf ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Ein solches wäre ein Signal auch für internationale Partner. "Wenn das Programm einmal funktioniert, dann haben die USA zwei Milliarden Dollar in Aussicht gestellt, die EU 1,8 Milliarden, Japan gerade 300 Millionen", sagte Jaresko am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos im STANDARD-Interview.

STANDARD: Die Ukraine braucht dringend Finanzhilfe, dem Vernehmen nach 15 Milliarden Dollar. Wie laufen die Gespräche darüber mit dem Internationalen Währungsfonds, der bereits 17 Milliarden zur Verfügung und weitere Mittel in Aussicht gestellt hat?

Jaresko: Die Mission ist derzeit in Kiew. Mein Ziel ist, dass wir eine Vereinbarung mit dem IWF in der nahen Zukunft haben werden. Wenn sie Kiew verlassen haben, dann möchten wir ein akzeptiertes Programm binnen eines Monats haben.

STANDARD: Der IWF verlangt im Gegenzug Reformen. Wenn man keine Einigung erzielt, was dann?

Jaresko: Das Abkommen ist auch wichtig für internationale Partner, wir haben Ankündigungen für weitere Finanzhilfen erhalten, die damit zusammenhängen: Wenn das Programm einmal funktioniert, dann haben die USA zwei Milliarden Dollar in Aussicht gestellt, die EU 1,8 Milliarden Euro, Japan gerade 300 Millionen.

STANDARD: Auch die EU-Kommission fordert als Voraussetzung für weitere Finanzhilfen Reformen wie die Eindämmung der Korruption. Können Sie diese garantieren?

Jaresko: Vergangenes Jahr haben wir die Mittelsmänner im Gashandel mit Europa beseitigt, das ist für uns ein wichtiges Zeichen in Richtung Europa. Ein neuer Chef der Antikorruptionsbehörde wurde in einem transparenten Verfahren gewählt.

STANDARD: Österreichische Firmen und Banken sind in der Ukraine engagiert. Wie können Sie Stabilität etwa für den Bankensektor garantieren?

Jaresko: Es gibt nicht eine einzelne Maßnahme oder Geldüberweisung, die Stabilität bringt, es ist ein komplexes System. Es geht auch darum, das Vertrauen unserer Bevölkerung in den Bankensektor wiederherzustellen. Dann kann man wieder mit Investitionen rechnen. Wir haben Gesetze verändert und damit begonnen, die Steuerlast für Einzelne und kleine Firmen zu reduzieren.

STANDARD: Was sind Ihre nächsten Ziele?

Jaresko: Wachstum für 2016 ist das absolute Ziel. Dieses Jahr wollen wir unser Hauptaugenmerk auf Stabilisierung richten. Es ist nicht einfach. Das alles unter dem Eindruck eines Krieges machen zu müssen macht es kompliziert. Wir haben 20 Prozent unserer Wirtschaftsleistung an eine unkontrollierte Autorität im Osten unseres Landes verloren. Wir haben eine große humanitäre Krise mit 850.00 Flüchtlingen innerhalb des eigenen Landes und 5000 tote Zivilisten oder Militärangehörige. Der Krieg verursacht sehr hohe Kosten: fünf Millionen Euro pro Tag.

STANDARD: Fordern Sie mehr internationale Hilfe?

Jaresko: Wir zahlen in der Ukraine die Kosten dafür, Europa sicher zu halten. Wir erkennen auch an, dass das in unserem Interesse ist. Wir sind auch willig, das zu zahlen, denn das hat einen Preis in Bezug auf Territorium und Menschenleben, aber wir wollen dafür auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.

STANDARD: Sind Sie enttäuscht über die bisherige Unterstützung?

Jaresko: Ich bin nicht enttäuscht, würde mir aber ganz klar mehr wünschen. Ich bin dankbar, dass die Europäer Seite an Seite mit uns sind, auch für die Verhängung der Sanktionen. Diese sind notwendig, um unseren Nachbarn am Verhandlungstisch zu halten. Die Kosten für Europa, wenn das nicht gestoppt wird, könnten viel höher sein. Wir werden das schaffen und auch Reformen, die zwei Jahrzehnte nicht angegangen wurden. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 22.1.2015)