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Amazons Firmenkonstruktion sorgt dafür, dass in Europa nur eine geringe Steuerlast anfällt. Diese Praxis wird immer lauter kritisiert.

Foto: Reuters/François Lenoir

Wien - Der Online-Händler Amazon macht in Österreich jährlich einen Umsatz von rund 320 Millionen Euro. Unterstellt man, dass dem Unternehmen davon ein Gewinn von zehn Prozent bleibt (32 Mio. Euro), würde hierzulande eine Körperschaftssteuer (25 Prozent) von acht Millionen Euro an den Fiskus gezahlt werden müssen, wie die Arbeiterkammer Wien berechnet hat.

Das muss Amazon aber nicht, weil das Unternehmen seine Europazentrale in Luxemburg hat, wo der Satz für die Körperschaftssteuer niedriger ist. Zudem schafft die Unternehmensstruktur für den Online-Händler eine Situation, dass keine bzw. kaum Steuern anfallen. Wie das geht?

Die Zentrale in Luxemburg (Lux SCS) ist ein sogenanntes transparentes Unternehmen - salopp formuliert, eine Hülle - die nicht besteuert wird. Besteuert wird Amazon EU Sarl. (LuxOpCo) - ein Unternehmen, das dieser Hülle untergeordnet ist. Dieses untergeordnete Unternehmen lebt davon, dass es Zinszahlungen von den Betriebsstätten (also den Amazon-Händlern in Frankreich, Deutschland und Großbritannien) bekommt. LuxOpCo selbst bezahlt laut den AK-Recherchen Lizenzentgelte an die Hülle, was den verbleibenden Gewinn minimiert und damit auch die Steuer auf den Gewinn drastisch reduziert.

Diese Praxis verfolgt in Luxemburg auch Fiat Finance, Starbucks tut es in Holland und Apple in Irland. Gegen diese Regelung geht, wie berichtet, neben den USA auch die EU-Kommission vor. Geprüft wird, ob es sich bei diesen individuellen Steuerkonstruktionen um verdeckte Beihilfen handelt. Die EU-Verfahren wurden im Juni und Oktober des Vorjahres eröffnet. Den Großkonzernen droht somit womöglich eine ordentliche Steuernachzahlung.

Die Arbeiterkammer Wien hat sich diesem EU-Verfahren nun angeschlossen, "weil der Steuerwettbewerb in der EU inakzeptabel ist", sagt Susanne Wixforth von der Abteilung für Wirtschaftspolitik der AK Wien. Darin sieht Wixforth auch eine Bedrohung für den Euro. Denn Irland etwa hat durch seine Steuerpolitik (der Satz für die Körperschaftssteuer liegt bei 12,5 Prozent - ebenso in Zypern) zwar Unternehmen angelockt, die dort dem Fiskus aber nur wenig abliefern. Sowohl Irland als auch Zypern mussten unter den EU-Rettungsschirm, und dann stelle sich die Frage, woher die Einnahmen für den Staat kommen sollen, "wenn die Großkonzerne dort zwar die Infrastruktur bereitgestellt bekommen, ihre Steuerlast aber auf ein Minimum reduzieren können", sagt Wixforth.

Die EU war laut KPMG durch diese Praxis in den vergangenen Jahren auf Unternehmensebene damit weltweit jener Wirtschaftsraum mit dem größten Steuerwettbewerb. Weitreichende Harmonisierungsmaßnahmen (wie es sie etwa im Bereich der Mehrwertsteuer gegeben hat) gibt es bei der Unternehmensbesteuerung bis dato nicht. Für die AK ist das EU-Verfahren daher "ein Schritt in die richtige Richtung", betont Wixforth im Standard-Gespräch.

In Summe stelle dieser Steuerwettbewerb vor allem für Klein- und Mittelbetriebe einen enormen Nachteil dar, weil diese sich keine individuellen Regelungen verschaffen können. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 22.1.2015)