Wien - Eines ist offensichtlich: Leon M. legt es in seinem Prozess wegen Wiederbetätigung, Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren nicht darauf an, sich beliebt zu machen. Schon bei der Überprüfung seiner Personalien verweigert er Angaben über seine Eltern, bei der Beeidigung der Geschworenen durch Vorsitzenden Georg Olschak bleibt er demonstrativ sitzen.

Dabei geht es für den 32-Jährigen um einen Strafrahmen von ein bis zehn Jahren Haft. Staatsanwältin Stefanie Schön wirft ihm vor, auf seiner Facebookseite und einer Homepage gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben, ganze Bevölkerungsgruppen pauschal verunglimpft und den Propheten Mohammed mit einem Schwein gleichgesetzt zu haben.

Verstoß gegen Menschenrechte

Der angeklagte, in Wien lebende Däne sieht sich als Opfer. "Ich bekenne mich nicht schuldig. Es ist meine Auffassung, dass das Verfahren ein Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention und mein Recht auf freie Meinungsäußerung ist", bescheidet er trotzig.

Viel mehr ist aus ihm nicht herauszubekommen. "Wo würden Sie sich politisch einordnen?", fragt der Vorsitzende - und erntet Schweigen. "Wann sind Sie denn nach Österreich gekommen?" Schweigen. "Wollen Sie überhaupt eine Frage beantworten?" Schweigen.

Auf seiner "Gesichtsbuchseite" im "Weltnetz", wie er sich digital auszudrücken pflegte, war M. noch mitteilsamer, betrieb er doch auch einen "Ort für Neonazi" und postete: "Es ist Zeit, für den nationalen Sozialismus zu kämpfen." Er wollte auch Ausländer als "Krebsgeschwür aus dem Volkskörper" herausschneiden.

Andere Beiträge sind nicht ganz so eindeutig: "Arische Urheimat, wir verteidigen Deine Gestade, entreißen Dein Volk den Verräterhänden!" beispielsweise. Der Eintrag sei auf Dänisch geschrieben, behauptet Staatsanwältin Schön. "Das ist Schwedisch. Und ein Zitat aus einem Lied. Da gibt es in Raptexten wesentlich gewalttätigere Aussagen", lässt sich der Angeklagte schließlich doch zu einer Bemerkung hinreißen. Seine Verteidigerin Sonja Scheed sieht auch in anderen Anklagepunkten keine Wiederbetätigung.

Rechtlich nicht unumstritten

Rechtlich nicht unumstritten ist ein weiterer Punkt. Ob der Angeklagte selbst die Postings verfasst hat und vor allem, wo, kann der Verfassungsschutz nicht sagen. Ob ein Däne, der bei einem Ausflug nach Bratislava neonazistische Ansichten veröffentlicht, sich damit aber in Österreich strafbar macht, könnte Thema einer juristischen Vorlesung sein.

Auch die Anklage wegen Herabwürdigung religiöser Lehren versteht M. gar nicht. "Das heilige Tier der Mohammedaner, manche behaupten, es sei die Reinkarnation des Propheten" hatte er zum Foto eines Schweines gepostet. "Man darf wohl auch humoristisch sein", sagte der in seiner Heimat Vorbestrafte bei der Vernehmung durch den österreichischen Verfassungsschutz dazu.

Die Geschworenen urteilen differenziert. Von sechs Anklagepunkten wegen Wiederbetätigung wird er in dreien freigesprochen, die Verurteilung bezüglich Mohammed ist allerdings einstimmig. Die nicht rechtskräftige Strafe: zwei Jahre Haft, davon ein halbes unbedingt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 20.1.2015)