Sanaa - Die jemenitische Hauptstadt Sanaa ist am Montag von neuen Kämpfen zwischen den schiitischen Houthi-Rebellen und Regierungstruppen erschüttert worden. Bei den Gefechten seien neun Menschen getötet worden, teilte die Regierung mit. Die Rebellen beschossen die Wagenkolonne von Regierungschef Khaled Bahah, dieser blieb nach offiziellen Angaben unversehrt. Später trat in Sanaa eine Waffenruhe in Kraft.

Die Houthi-Rebellen hatten am Samstag den Stabschef des Präsidenten, Ahmed Awad bin Mubarak, verschleppt. Die Schiiten-Miliz will damit Änderungen an der künftigen föderalen Verfassung erzwingen, deren Ausarbeitung Mubarak leitet. Sie werfen der von den USA unterstützten Regierung vor, eine im September getroffene Abmachung zu verletzen. Diese sieht im Gegenzug für den Abzug der Rebellen aus staatlichen Institutionen die Bildung einer neuen Regierung unter Einschluss von Houthi-Mitgliedern vor.

Was zur Eskalation der Gewalt am Montag führte, blieb zunächst unklar. Beide Seiten wiesen sich gegenseitig die Schuld zu. Seitdem die Rebellen im September weite Teile der Hauptstadt eingenommen hatten, war es relativ ruhig geblieben.

Den Aufständischen gelang es am Montag nach eigenen Angaben, einen Hügel vor dem Präsidentenpalast unter ihre Kontrolle zu bringen. Staatschef Abd Rabbo Mansour Hadi hielt sich allerdings wie meist nicht in seinem Amtssitz auf.

Die Rebellen setzten schwere Waffen und mindestens zwei Panzer ein. Wie Informationsministerin Nadia Sakkaf mitteilte, übernahmen sie auch die Kontrolle über das Staatsfernsehen und die amtliche Nachrichtenagentur Saba. Die Milizionäre weigerten sich demnach, "irgendeine Mitteilung der Regierung zu veröffentlichen".

Bahahs Konvoi sei beschossen worden, als dieser von einem Treffen mit Präsident Hadi gekommen sei, teilte Sakkaf im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Allerdings sei auch der Konvoi mit Houthi-Vertreter Saleh al-Sammad unter Beschuss geraten.

Arabische Liga ist besorgt

Die Arabische Liga äußerte ihre "Besorgnis über die unglückliche Eskalation der Gewalt im Jemen" und rief alle Seiten zu einem Ende der Gewalt auf. Kurze Zeit später wurde bei einem Treffen von Präsident Hadi mit den zuständigen Ministern und einem Vertreter der Houthi-Milizen für 16.30 Uhr Ortszeit (14.30 Uhr MEZ) eine Waffenruhe in Sanaa vereinbart.

Bewohner im Süden der Stadt, wo sich der Präsidentenpalast befindet, berichteten, die Feuerpause werde eingehalten. Nach Ausbruch der Kämpfe waren zahlreiche Bewohner aus den Vierteln rund um den Präsidentenpalast geflohen.

Um die Freilassung Mubaraks zu erzwingen, setzte die südjemenitische Provinz Shabwa am Montag ihre Erdölförderung vollständig aus, wie die dortige Regierung mitteilte. Mit diesem schritt hatte der Gouverneur von Shabwa am Sonntag ultimativ gedroht, sollte der aus der Region stammende Mubarak nicht freigelassen werden. Auch in der Nachbarprovinz Hadramut setzten die Arbeiter des Ölfelds Massila aus Solidarität mit dem Stabschef des Präsidenten die Ölförderung aus, wie ein Verantwortlicher mitteilte.

Der Volksstamm der Houthi fühlte sich in der sunnitisch dominierten Regierung des Jemen nicht ausreichend repräsentiert. Mit dem Rücktritt des Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Sali Anfang 2012 betraten sie die politische Bühne des Landes. Seit mehreren Monaten leiten sie de facto die Regierungsgeschäfte. Sunnitische Stämme und Anhänger der Terrorgruppe Al-Kaida stellten sich den Houthis im Südjemen noch entgegen. (APA, 19.1.2015)