Raif Badawi, Blogger in Saudi-Arabien, verurteilt zu 10 Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben

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Aus medizinischen Gründen" werde die Fortsetzung der Auspeitschung verschoben, hieß es am Freitag aus Saudi-Arabien - was die Hoffnung aufkommen ließ, dass die weltweite Mobilisierung zugunsten des zur staatlichen Folterung verurteilten Raif Badawi doch Wirkung zeigt. Der Blogger, der am 13. Jänner 31. Jahre alt wurde, war am vergangenen Freitag zum ersten Mal ausgepeitscht worden: 50 wöchentliche Hiebe, bis tausend erreicht sind. Die im Mai 2014 ausgesprochene Strafe beinhaltet auch zehn Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von umgerechnet gut 230.000 Euro.

Raif Badawi, der seit seiner Verhaftung 2012 mit etlichen Menschenrechtspreisen geehrt wurde, ist eine solitäre Erscheinung im wahhabitischen Königreich. Seinen Blog nannte er "Saudi Free Liberals" und widmete ihn kompromisslos dem Säkularismus, als "die praktische Lösung, um Länder - unseres mit eingeschlossen - von der Dritten in die Erste Welt zu befördern". Das ist harter Tobak für ein Land, das nicht einmal eine Verfassung hat, weil das zu weltlich wäre.

Konfrontation mit Religionsbehörden

Badawi beschränkte sich in seinen Blog-Einträgen nicht aufs Theoretisieren, sondern legte sich ganz konkret mit den salafistischen Religionsbehörden und ihren Institutionen, etwa der Sittenpolizei, an. Anfänglich dürfte er auf den Schutz toleranter Kreise in der Familie Saud gezählt haben: Er verschonte das Königshaus nicht nur, sondern pries ausdrücklich den damaligen Gouverneur von Mekka und jetzigen Unterrichtsminister, Prinz Khaled bin Faisal, als Dichter und Intellektuellen.

Die ersten Schwierigkeiten mit der Justiz - in Saudi-Arabien eine religiöse Angelegenheit - begannen jedoch schon 2008. 2013 stand die Anklage Apostasie im Raum, die ein Todesurteil befürchten ließ, genauso wie Gefährdung der Staatssicherheit. Es wurde "Beleidigung des Islam" - und Badawis Anwalt Walid Abulkhair wurde später ebenfalls verurteilt, zu 15 Jahren.

Ein Teil seiner Familie wandte sich von ihm ab, auch jene seiner Frau Ensaf Haidar, mit der er seit 2002 verheiratet ist: Ihre Eltern wollten für sie eine Zwangsscheidung. Aber sie stand zu ihrem Mann und floh mit den Kindern Najwa (11), Terad (10) und Miriam (7) zuerst in den Libanon und dann nach Kanada, von wo aus sie für Raif Badawi mobilisiert. Eine seiner Schwestern soll bei der ersten Auspeitschung dabei gewesen sein: Er sei sehr stark gewesen, aber jetzt gehe es ihm schlecht, sagt sie. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 17.1.2015)