Zwei Fragen im Zusammenhang mit Österreichs Politik gegenüber dem islamistischen Terror und islamischen Regimen drängen sich auf:

Erstens: Soll der Schwerpunkt der Maßnahmen auf der Prävention von Anschlägen, also in einem Ausbau der nachrichtendienstlichen Arbeit liegen oder in einer Aufrüstung der Polizei mit schwerem Gerät, um einzugreifen, wenn das Unglück schon passiert ist? Hardware statt Software? Die Notwendigkeit scheint personelle Aufstockung zu sein, besonders im Intelligence-Bereich, und Anschaffung von Überwachungsgerät, nicht aber eine Militarisierung der Polizei. Das Bundesheer (rot geführt) wird kaputtgespart, die Polizei (schwarz geführt) wird zum Quasi-Militär?

Zweitens: Wie soll sich die Republik Österreich gegenüber einem ultraislamischen Regime wie dem in Saudi-Arabien verhalten, das seine Bürger wegen ganz normaler Ausübung der Menschen- und Bürgerrechte auspeitschen lässt? Da gibt es Ziel- und Methodenkonflikte innerhalb der Regierung beim Umgang mit dem saudi-arabischen König-Abdullah-Dialogzentrum in Wien. Am Freitag sollte der saudische Blogger Raif Badawi die zweite Portion seiner 1000 Stockhiebe wegen "Beleidigung des Islam" erhalten. Jede Woche 50 Hiebe mit einem langen Rohrstock dafür, dass er eine liberale Einstellung zu anderen Religionen fordert? Da wird er das Ende seiner zehnjährigen Kerkerstrafe wohl nicht erleben.

Inzwischen wurde die Auspeitschung aus "medizinischen Gründen" verschoben. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Problematik.

Österreich unterhält auch zu anderen brutalen Regimen (China und Russland mit ihren Lagern z. B.) gute politische und wirtschaftliche Beziehungen. Aber das Dialogzentrum, von dessen Dialog nicht viel zu merken war, ist angesichts von so unverhältnismäßigen, barbarischen Justizverhältnissen eine Fleißaufgabe.

Kanzler Faymann will das Zentrum, ursprünglich eine ÖVP-Idee, schnell zusperren. Die ÖVP druckst herum. Bundespräsident Heinz Fischer und Kardinal Christoph Schönborn wollen das nicht. Beide glauben daran, auch und gerade mit bedenklichen Kontrahenten sei es besser eine Gesprächsbasis aufrechtzuerhalten (siehe Fischers Haltung zu Putin).

Das hat auch etwas für sich. Aber es gilt nicht absolut. Kreiskys Öffnung gegenüber Arafat und Gaddafi galt internationalen Parias, die Anerkennung dringend notwendig hatten (halbwegs etwas genutzt hat es auch nur bei Arafat etwas).

Saudi-Arabien ist notgedrungen ein wichtiger Partner und daher Widerspruch nicht gewohnt. Es wäre wohl einmal notwendig, klar darauf hinzuweisen, dass wir in Österreich unter "Dialog" nicht den Dialog zwischen Peitsche und Körper verstehen. Der Bundespräsident hat bei der saudischen Führung interveniert, diese harte Bestrafung aufzugeben. Aber selbst wenn die Saudis hier nachgeben, so bleibt die Frage, ob Österreich gemeinsam mit anderen den Druck nicht aufrechterhalten soll, um zu dokumentieren, dass wir auch staatlichen religiösen Extremismus nicht schätzen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 17.1.2015)