Zuckerbäckerball - ein Wort wie rosaroter Tranquilizer.

Foto: Zuckerbäckerball

Nach einem arbeitsreichen Tag, an dem Terrormeldungen aus aller Welt Angst verbreiten, will man sich spät nachts nicht noch eine Nachrichtensendung ansehen. Auch keinen Krimi, wo auch wieder nur Tod und Verderben warten. An ganz wenigen Abenden soll man sich eine Auszeit gönnen.

Zuckerbäckerball. Ein Wort wie ein rosaroter Tranquilizer. Süßes ist gut für die Nerven. Musik und Tanz heilsam für die Seele. Ach was, schauen wir uns das an! Der Sender W 24 ist sonst für Nichtwiener ein Quell unlösbarer Rätsel – wie jenem, warum sich Bewohner der Hauptstadt nachts gerne unkommentierte Tram-Fahrten ansehen. Donnerstags aber lockte er mit selbigem Ball. Der findet in der Hofburg statt, ohne Gegendemos oder Massenpanik auf der Feststiege, wo sogar Platz für riesige Punschkrapfen war. Herrlich!

Dann aber kamen da wieder die Rätsel, von denen wir keine mehr lösen wollten. Waren die nervösen Leute mit den Mikros, die über Unbekannte und (uns unbekannte) "Promis" herfielen, wirklich Moderatoren? Also beruflich? Fragen wie "Sie sind aber fesch angezogen?" des Moderators an eine flüchtende Frau, ließen erste Zweifel aufkommen. Dann die kreischende Kollegin, die einen Mann über sein gelbes Hemd und eine Frau über ihren Vanillekipferlkonsum verhörte und meinte: "Da tanzt der Bär, da steppt die Sau". Und: Was sollte die ungelenke Schulterkamera im Stil einer Undercoverdoku?

Ein Kamerakind? Irgendwo, weit weg, auf einer Grazer Couch legte jemand erschöpft die Fernsteuerung weg und holte Schokolade aus der Küche. Süßes ist gut für die Nerven. Zuviel davon sollte man sich aber vor einem Liveeinstieg nicht erlauben. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 17./18.1.2015)