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Im US-Kongress gehört John McCail seit Jahren zum festen Inventar. Nun hat er im Streitkräfte-Ausschuss das Sagen.

Foto: AP Photo/J. Scott Applewhite

John McCain kann es leicht mit den bissigsten New Yorker Satirikern aufnehmen. Welche strategischen Interessen die USA denn in Ungarn hätten, wollte er einmal von Hollywood-Produzentin Colleen Bell wissen; sie hatte sich durch Wahlkampfspenden für den Botschafterposten in Budapest qualifiziert. Bell wusste, auf welch dünnem Eis sie sich bewegte. Sie stotterte etwas von Schlüsselprioritäten, ohne Details folgen zu lassen. "Großartige Antwort", spottete McCain sarkastisch - das Markenzeichen des Alten, den sie "Maverick", Querkopf, nennen. Der gegen den Strich bürstet.

Der eigensinnige Kauz, der sich um Political Correctness nicht schert. McCain mag es, wenn er anecken kann und so in die Schlagzeilen kommt. Jetzt hat er, im Alter von 78 Jahren, ein Spitzenamt angetreten. Die nächsten Reibereien sind programmiert.

Traumjob im Senat

Nun leitet er das Committee on Armed Services, den Streitkräfte-Ausschuss des Senats, der zum einen dem Pentagon auf die Finger schauen soll und in dem zum anderen wichtige Strategiedebatten geführt werden. Für McCain, der aus einer Familie von Generälen und Admirälen stammt, ist es ein Traumjob - sieht man vom Weißen Haus ab. Dieses Duell verlor er 2008 gegen Barack Obama, und wenn es in puncto Weltpolitik einen Gegenspieler des Präsidenten gibt, dann ist es John Sidney McCain.

"Ich hatte recht: Er lag daneben", bringt er seine Meinung auf den Punkt. Zur Pariser Attacke auf Charlie Hebdo: Hätte man nach dem Abzug 2011 früher - und in größerer Zahl - wieder Soldaten in den Irak entsandt, wäre die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) heute nicht so eine Gefahr, sagte er der New York Times. "Bald werden wir Angriffe in den USA erleben."

Obamas Gegenspieler

Oder die Syrienpolitik: in seinen Augen eine Serie von Irrtümern. Als er im September 2013 das Oval Office besuchte, unterstützte er Obamas Plan, Bashar al-Assad mit einem Raketenschlag für den Einsatz von Chemiewaffen zu bestrafen. In letzter Minute machte Obama einen Rückzieher, womit er für McCain zum notorischen Zauderer wurde; schlimmer noch, zu jemandem, der sein Wort bricht. "Wenn dir jemand im Oval Office ins Auge schaut und sagt, er wird etwas tun, nimmst du ihn dann nicht beim Wort?"

McCain hat aber auch keinerlei Scheu, sich mit der Tea-Party-Fraktion in den eigenen Reihen anzulegen. Als die Behörden eine Zwangspause einlegen mussten, weil der Streit ums Schuldenlimit die Gelder einfror, beschimpfte er seine Senatorenkollegen Ted Cruz und Rand Paul als "wacko birds", als "verrückte Vögel".

Es gibt Kritiker, die auch McCain in die Schublade der "wacko birds" sortieren würden. Wäre es nach ihm gegangen, stünden die USA mit Bodentruppen heute vielleicht in Syrien, und die Ukraine würde mit Waffen beliefert. Der alte Falke, der sich nicht lösen kann vom Denken des Kalten Krieges: So lautet der Tenor derer, die McCain auf dem Holzweg sehen.

Andererseits, glauben viele, gäbe es unter einem Präsidenten McCain Guantánamo wohl nicht mehr. Der Republikaner hätte energischer für eine Schließung des Gefangenlagers gekämpft, vor allem auch, weil er Amerikas Irrwege im "Krieg gegen den Terror" mit den eigenen Erfahrungen vergleicht. 1967 als Kampfpilot über Vietnam abgeschossen, wurde er in der Gefangenschaft gefoltert.

Auf Grund seiner Leidensgeschichte hat ihn sein Parteifreund Bob Dole einmal pauschal in Schutz genommen: "Wenn du fünf Jahre in einer Kiste zubringst, hast du das Recht, zu sagen, was immer du willst." (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 17./18.1.2015)