Für Charlie Hebdo-Zeichner Luz ist sternenklar, was sich nach den Pariser Attentaten im Himmel abspielt: Während seine erschossenen Kollegen Cabu, Charb, Tignous, Honoré und Wolinski schon heftig mit Champagnerbegleitung in den Wolken kopulieren, haben die erst später angekommenen Terrorbrüder Kouachi das Nachsehen und gehen jungfrauentechnisch leer aus: Da ist schon alles wegdefloriert worden, was wegzudeflorieren war. Im Jenseits scheint dasselbe Gesetz zu gelten wie in jeder irdischen Mittelschülerdisco: Wer als Aufreißer zuerst kommt, mahlt nicht nur zuerst, sondern kommt auch zuerst.

Luzens Cartoon ist eine hübsche Paraphrase auf die offenbar in Jihadistenkreisen verbreitete Gepflogenheit, sich den Himmel als eine Art transzendentalen Puderantenstadl vorzustellen, in dem 72 Jungfrauen nichts anderes zu tun haben, als auf die Defloration durch den nächsten Märtyrer zu warten. Das ist allerdings ein durchaus diffiziler Glaubensinhalt.

Schließlich weiß jedermann aus eigener Erfahrung (oder vom Hörensagen), dass das Deflorieren seine Tücken hat und im Zweifel der Geschlechtsverkehr mit nicht mehr unschuldigen, dafür aber sexuell erfahrenen Damen vorzuziehen ist.

Anders gesagt: Jungfrauen wirken nicht auf jeden gleich bestechend. So betrachtet, wäre es für Hassprediger auch durchaus vorteilhaft, wenn sie beim Terroristenrekrutieren mit einem flexibleren Arsenal von bumsfidelen Jenseitsbelohnungen operieren könnten. Möchtegern-Jihadisten, die zum Päderastentum neigen, lassen sich vielleicht eher durch die Prophezeiung anspitzen, dass der Himmel voller Popschgeigen hängt. Und der zum Masochismus neigende Glaubenskrieger wird sich mehr für die Vorstellung erwärmen, dass ihm eine unbarmherzige Domina den Hintern bis in alle Ewigkeit versohlt.

Außerdem: Es muss ja nicht immer nur Sex sein, der im Himmel wartet. Für verfressene Geister böte sich etwa die All-you-can-eat-Schlaraffenland-Variante an, bei der die Märtyrer bis zum Abwinken Bratln und Beilagen aufgetischt bekommen. Schade nur, dass aus Glaubensgründen Alkohol als Anreiz nicht in Betracht kommt. Mit dem Versprechen, dass der Himmel ein ewiger Heurigen sein wird, ließe sich in Österreich auch bei Nichtislamisten ein mächtiges Rekrutierungsfeld auftun. (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 17./18.1.2015)