Alle lebenden Systeme befinden sich in ständigem Wandel. Man kann ohne Übertreibung feststellen, dass in der Geschichte der Menschheit noch nie so viel Transformation stattgefunden hat wie in dem vergangenen Jahrzehnt. Angesichts der heutigen Geschwindigkeit der Märkte bieten die alten, mechanistischen Veränderungskonzepte keine angemessenen Antworten mehr. Dennoch sind sie in den Köpfen vieler Manager immer noch vorherrschend.

Das Management überlegt, was sich verändern muss, definiert attraktive Ziele und plant Maßnahmen, um diese, am besten ohne Umwege, zu erreichen. Die Belegschaft wird informiert und setzt dann die Veränderung um, mit aller Überzeugung für woanders entwickelte Ideen. Solcherart "verordneter" Wandel trägt sein Scheitern im Kern mit sich. Wenn Menschen ihr Verhalten dauerhaft verändern sollen, brauchen sie einen sehr guten Grund dafür, rein ökonomische Gründe - wie mehr Wachstum oder höhere Gewinne - reichen nicht mehr aus.

Keine Erfüllungsgehilfen

Menschen sehen sich immer weniger als Erfüllungsgehilfen, sie kreieren Sinn und Überzeugung in ihrem Inneren. Sie unterstützen Ziele und Strategien, zu deren Entstehen sie beigetragen haben. Daher entscheidet der Weg der Umsetzung viel mehr als der Inhalt von Veränderungen über Erfolg und Wirksamkeit. Wenn ein Veränderungsthema in eine Organisation geworfen wird, beginnt unweigerlich eine emotionale Reise der Menschen. Gerade dieser emotionale, soziale Prozess wird aber von der inhaltlichen Veränderung immer noch weitgehend abgekoppelt.

Die Verkürzung auf die Information über Ziele und Ergebnisse führt dazu, dass die Auseinandersetzung mit den Menschen samt ihren Emotionen und Interessen vernachlässigt wird.

Wichtige Ressourcen

Verbinden wir das mit Erkenntnissen der Gehirnforschung, erkennt man, dass überall dort, wo Veränderungen gelingen, Begeisterung und Sinn als wichtigste Ressourcen genutzt werden und gleichzeitig als Resultat entstehen. Daher sind das wachsame Beobachten dieser Phänomene und entsprechende Interventionen fundamental wichtig, um für jede Form von Wandel Sinn und Energie entstehen zu lassen.

Anders gesagt: Fehlender Dialog mit und Einbeziehung der Menschen in die Entstehung von Veränderungen erodiert Sinn, der in späteren Phasen nicht mehr geschaffen werden kann.

Konsequente Steuerung

Alles Gründe, warum Veränderungen einen konsequenten Steuerungsprozess benötigen, der emotionale Schwankungen, unterstützende und hinderliche Entwicklungen in Kommunikation bringt. Dabei behindert die Annahme, dass Menschen und Organisationen sich linear und planbar entwickeln. Jede negative Abweichung wird dann zum Problem, denn sie hemmt Lernen und macht Fortschritt schwierig.

Gerade aber wenn tiefgreifende Veränderung notwendig ist, braucht es einen soliden Prozess, der den Inhalten und Emotionen des Veränderungsthemas gerecht wird und der die notwendigen Lernschleifen und Dialoge ermöglicht. Ein absolutes Muss für die Glaubwürdigkeit ist das kongruente Vorleben der Führungskräfte, im Besonderen der Topführungskräfte. Kommunikative Unterstützung, also die Gelegenheit, dies auch noch offen zu besprechen, verstärkt die Wirkung noch. (DER STANDARD, 17./18.1.2015)