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Den Dänen gehen die Kinder aus.

Foto: AP Photo, POLFOTO, Jens Dresling

Wien/Kopenhagen – In modernen Gesellschaften mit geringer Säuglingssterblichkeit müsste jede Frau rechnerisch 2,1 Kinder zur Welt bringen, um einen Bevölkerungsrückgang zu verhindern. In der dänischen Kommune Thisted liegt die Fertilitätsrate bei nur 1,6 Kindern je Bewohnerin.

Die Küstenregion im äußersten Nordwesten Jütlands ist mit nur einem Drittel der Einwohnerdichte Dänemarks ohnehin dünn besiedelt. Durch die schwachen Geburtsjahrgänge wird nun die drohende Schließung von Schulen, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen immer konkreter.

Also haben sich die Kommunalregierung und Bürgervertreter auf einen unkonventionellen Deal geeinigt: Unter der Bedingung, dass das Volk für mehr Babys sorgt, versprach die Verwaltung, die Institutionen ungeachtet des derzeitigen Kindermangels offen zu halten. Ein Vertrauensvorschuss.

Der erotische Reiz der Behörde

"Wir hatten eine Anhörung mit der örtlichen Bevölkerung und haben sie gefragt, was wir tun können", sagte Kommunaldirektor Lars Sloth der britischen Zeitung "The Guardian", "und eine Bürgerorganisation hat dieses Geschäft als Option vorgeschlagen."

Es sei ein unüblicher Weg, sagt Sloth und räumt ein, dass kaum etwas weniger erotischen Reiz hat als eine behördliche Kundmachung. Doch man habe etwas tun müssen, um die Region Thisted und ihren 13.000 Einwohner zählenden gleichnamigen Hauptort zu schützen.

Zum Studium in die Stadt

Während etwa in Österreich die noch niedrigere Fertilitätsrate von 1,4 Kindern pro Frau durch Zuzug von außen ausgeglichen wird, kämpft Thisted nicht nur mit einem Mangel an neuen Erdbewohnern, sondern auch mit starken Abwanderungstendenzen.

Junge Leute würden zum Studium in die großen Städte gehen und nicht mehr zurückkommen, sagt Sloth und versteht das bis zu einem gewissen Grad: "Thisted ist eine schöne Gegend, aber sie ist ziemlich leer. Es passiert hier nicht so viel."

Attraktion Kerzengeschäft

Tatsächlich verzeichnet die regionale Tourismusbehörde ein Kerzengeschäft und eine Minigolfbahn als zwei der wichtigsten Attraktionen. "Aber wir haben auch großartige Surfmöglichkeiten", hält Sloth dagegen. Das ehemalige Fischerdorf Klitmøller, auf dessen Küste die Nordsee beständig Brandungswellen zurollt, ist in der Windsurfszene auch als "das kalte Hawaii" bekannt.

Mit der Abmachung, mehr Kinder in die Welt zu setzen, soll Thisted auch abseits der Surfcommunity zu einer blühenden und lebhaften Gemeinschaft, hofft Sloth. Auch wenn noch nicht feststeht, wie das Arrangement überwacht werden soll, gebe es schon Anfragen aus anderen Regionen.

Er selbst habe schon seinen Teil beigetragen, wird Sloth in dem Bericht zitiert: "Ich habe eine große Familie mit drei Kindern. Jetzt liegt es an allen anderen." (Michael Matzenberger, derStandard.at, 16.1.2015)