Bedingungslose Liebe: 92 Prozent der Kinder sagen in der Umfrage, dass ihre Eltern die besten der Welt sind.

Foto: fotolia

Zu wenige Kinderbetreuungsstätten mit zu kurzen Öffnungszeiten, große Entfernungen zwischen Kindergarten und Arbeitsplatz, unflexible Arbeitgeber und finanzieller Druck: Es ist ein Bündel an Dingen, die Eltern stressen und verzweifeln lassen. Immer mehr kommt dabei ein hausgemachter Stressfaktor ins Spiel: der Perfektionismus und die Ansprüche an die eigene Rolle als Elternteil, die sich Mütter und Väter selbst auferlegen.

So zeigt eine aktuelle Studie des deutschen Meinungsforschungsinstituts Forsa für die Zeitschrift "Eltern", dass Mütter und Väter heute nicht mehr in erster Linie von der Suche nach der Balance zwischen Arbeit und Familie gestresst sind: Es sind die eigenen hohen Ansprüche, denen die meisten nicht gerecht zu werden glauben. Das stresst.

Ansprüche ändern sich

Forsa hat rund eintausend Eltern mit Kindern bis zu zwölf Jahren und 700 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren in die Erhebung einbezogen. Rund 60 Prozent der Frauen und Männer gaben an, dass die Erwartungen an Eltern in den letzten 30 Jahren höher geworden seien. 30 Prozent glauben, dass die Erwartungen zwar nicht höher, aber anders seien als damals: Frühförderung, die Wahl der richtigen Schule, die Rolle als Vorbild bis hin zur Gestaltung des Freundeskreises der Kinder – all das sehen Eltern heute als ihre Aufgaben.

Die Gesellschaft macht Druck

Knapp drei Viertel (73 Prozent) der Probandinnen gaben an, sehr hohe Ansprüche an sich selbst zu haben. Bei den Männern trifft das auf gut jeden zweiten zu (56 Prozent). Jede dritte Frau sagte, an diesen Ansprüchen zu leiden, bei den Männern betrifft das wiederum gar jeden zweiten. Inwiefern die Eltern gesellschaftliche Ansprüche an die "perfekte Mutter" oder den "perfekten Vater" zu ihren eigenen machen, wurde in der Studie nicht erhoben. Rund 40 Prozent der Eltern gaben aber an, dass sie durch die geltenden "gesellschaftlichen Normen" für Eltern unter Druck kommen.

Die Mehrheit der Probanden erlebt sich in der Elternrolle überhaupt als gescheitert. So glauben drei Viertel der Frauen, häufig oder gelegentlich keine gute Mutter zu sein. Von den Männern sehen sich zwei Drittel häufig oder gelegentlich als schlechten Vater. Die Kinder bewerten ihre selbstkritischen Eltern freilich anders: 92 Prozent sagen, dass ihre Eltern die besten der Welt sind.

Glücksrezept

Zwei Drittel der Befragten stellen laut Forsa die Bedürfnisse der Familie über ihre eigenen. Ein Glücksrezept ist diese Sicht auf die Dinge allerdings nicht: So beschreibt sich jenes Drittel der Befragten als am glücklichsten, dem die eigenen Bedürfnisse genauso wichtig sind wie die der Kinder oder des Partners beziehungsweise der Partnerin.

Mit Kindern wird's traditionell

Wie sich Eltern die anfallende Erziehungs- und Hausarbeit aufteilen, bleibt von alldem unbeeinflusst: Nach wie vor kümmern sich überwiegend Frauen um Haushalt und Erziehung. Das zeigte zuletzt der "Generations and Gender Survey".

Demnach fallen selbst Paare, die sich ohne Kinder die Hausarbeit fair aufteilten, mit der Geburt eines Kindes in traditionelle Muster zurück: "Die nun gewachsene Hausarbeit verdichtet sich neben der anfangs höchst intensiven Kinderbetreuung herkömmlicherweise bei den Müttern, während Väter wieder verstärkt die traditionelle Rolle des Familienernährers übernehmen", kommentiert dies das Österreichische Institut für Familienforschung, das am Survey beteiligt war. (lima, derStandard.at, 15.1.2015)