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Dresden ist nicht nur "Pegida-Hauptstadt" von Deutschland. Dort hat nun auch eine Bürgerinitiative die Umwandlung eines Hotels in eine Unterkunft für 94 Asylwerber verhindert.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Die 94 Betten im Stadtteil Laubegast hätte Dresden gut gebrauchen können. 2093 Asylbewerber leben derzeit in der sächsischen Hauptstadt, die in den vergangenen Wochen weniger mit ihrem barocken Stadtbild denn als Pegida-Hochburg Schlagzeilen gemacht hat. 2015 werden weitere 1.740 Flüchtlinge erwartet.

"Der Rückzug stellt uns vor eine schwierige Situation. Kurzfristig realisierbare Alternativen gibt es nicht, auch wenn das von einzelnen Stadtratsfraktionen immer behauptet wurde", sagt der zuständige Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos).

Angst vor reiner Männer-Unterkunft

Die Genehmigung, das Vier-Sterne-Hotel Prinz Eugen als Unterkunft für Asylwerber zu nutzen, hatte die Stadt schon im Dezember erteilt. Doch dann trat die Bürgerinitiative "Mein Laubegast" auf den Plan. Diese listete in einer Petition an die Stadt nicht nur formelle Bedenken (Baurecht und Finanzierung betreffend) auf, sondern auch inhaltliche.

So sollten (tatsächlich) in dem Hotel nur Männer untergebracht werden. "Das Konfliktpotenzial steigt damit überproportional an", so die Initiative. Sie weist auch darauf hin, dass sich das Hotel im "ausgewiesenen Hochwasserschutzgebiet" befinde und keine Pläne der Stadt für "etwaige Evakuierungen und Notfälle bekannt" seien. Außerdem heißt es in der Petition: "Der Wahlkreis Leuben/Laubegast ist ein politisches Risikogebiet. Der Wahlkreis hat die zweithöchste NPD-Wählerrate und ist damit prädestiniert für Konflikte." 5.728 Unterstützer unterzeichneten das Papier.

"Verheerendes Signal"

Nun hat der Hotelier sein Angebot zurückgezogen und dies mit Drohungen im Internet gegen ihn begründet. Außerdem seien am Hotel Schmierereien aufgetaucht.

Die (Gegen-)Initiative "Laubegast ist bunt" bezeichnet den Rückzug als "verheerendes Signal" und erklärt: "Wir werden uns von der Kälte und dem Hass mancher Menschen nicht anstecken lassen, wir halten dagegen." Auch Jens Hoffsommer, Migrationssprecher der Grünen im Dresdner Stadtrat, sagt: "Gerade vor dem Hintergrund der Pegida-Bewegung muss die Stadtgesellschaft positive Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz setzen."

Am Montagabend waren in Dresden 25.000 Pegida-Anhänger auf die Straße gegangen, so viele wie noch nie zuvor. Am Dienstagmorgen wurde im Dresdner Stadtteil Leubnitz-Neuostra die Leiche des 22-jährigen Asylbewerbers Khaled Idris Bahray aus Eritrea gefunden. Der junge Mann war laut Polizeiangaben erstochen worden. Weitere Hintergründe sind noch nicht bekannt, die Polizei in Dresden warnt ausdrücklich davor, einen Zusammenhang mit der Pegida-Demonstration zu sehen.

Mittelschicht bei Pegida

Zum ersten Mal liegen nun wissenschaftliche Auswertungen über die Pegida-Anhänger vor. Ein Team der TU Dresden um den Politikprofessor Hans Vorländer hat an drei Tagen 400 Teilnehmer befragt. Das Ergebnis: Der "typische" Pegida-Demonstrant stammt aus der Mittelschicht, ist gut gebildet und verdient überdurchschnittlich. Im Schnitt ist er 48 Jahre alt, gehört keiner Konfession und keiner Partei an. Und die angeblich drohende Islamisierung Deutschlands ist nicht seine alleinige Sorge, sondern er geht zu den Demos, weil er allgemein mit der Politik unzufrieden ist.

Wie schwierig es für viele Kommunen mittlerweile ist, Unterkünfte für Asylwerber zu finden, zeigt sich im nordrhein-westfälischen Schwerte. Dort plant die Stadtverwaltung, 21 Flüchtlinge im ehemaligen Konzentrationslager Schwerte-Ost unterzubringen. Dieses war von April 1944 bis Jänner 1945 ein Nebenlager des KZ Buchenwald. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 15.1.2015)