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Türkische Trafik: die Satirezeitschriften "Leman", "Penguen" und "Uykusuz" mit "Je suis Charlie" auf der Titelseite.

Foto: EPA/TOLGA BOZOGLU

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Die säkuläre Tageszeitung "'Cumhuriyet'" druckte am Mittwoch Auszüge aus der aktuellen Ausgabe von "Charlie Hebdo" ab. Die Lastwagen mit der aktuellen Ausgabe wurden von der Polizei gestoppt und konnten erst weiterfahren, als sicherstand, dass das Blatt keine Abbildung des Propheten enthäkt

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Istanbul - Ein Gericht in der Türkei hat die Sperrung von Internetseiten angeordnet, die das Titelbild der neuen Ausgabe der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" zeigen. "Es wurde entschieden, den Zugang zu relevanten Abschnitten von Internetseiten, die heute die Titelseite von 'Charlie Hebdo' zeigen, zu blockieren", erklärte das Gericht am Mittwoch laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Auf der Titelseite der ersten Ausgabe von "Charlie Hebdo" seit dem tödlichen Angriff auf die Zeitung vor einer Woche ist ein weinender Prophet Mohammed zu sehen, der ein Schild mit der Aufschrift "Je suis Charlie" hält.

Beilage in "Cumhuriyet"

Vier Seiten der neuen Ausgabe waren am Mittwoch in türkischer Sprache der renommierten Tageszeitung "Cumhuriyet" beigelegt. Die türkische Ausgabe sei "die wichtigste" überhaupt, hieß es. Dagegen regte sich jedoch Protest: Vor dem "Cumhuriyet"-Redaktionsgebäude in Ankara demonstrierten Anadolu zufolge proislamische Studenten.

"Cumhuriyet"-Chefredakteur Utku Cakirözer berichtete der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch, telefonische Drohungen erhalten zu haben. Der Abdruck des vierseitigen Auszugs aus der französischen Satirezeitung sei "ein Zeichen der Solidarität", sagte er. In einer Kommentarspalte ist zudem eine kleine Version des Titelbilds mit dem weinenden Propheten abgedruckt.

Straße für Verkehr gesperrt

"Cumhuriyet" werde sich weiter energisch für die Meinungsfreiheit einsetzen, erklärte Cakirözer. Bei der Auswahl der Auszüge aus "Charlie Hebdo" seien religiöse Empfindlichkeiten berücksichtigt worden. Die Straße vor der Redaktion wurde für den Verkehr gesperrt, das Gebäude wurde von Spezialkräften der Polizei mit Wasserwerfern gesichert.

Alle anderen Medien in der Türkei verzichteten auf Nachdrucke, mehrere Satireblätter bekundeten allerdings mit schwarzen Titelseiten und "Je suis Charlie"-Aufdruck ihre Solidarität mit den Opfern.

Lastwagen angehalten

"Cumhuriyet" hatte auch in den vergangenen Jahren immer wieder Mohammed-Karikaturen veröffentlicht und damit den Zorn der Islamisten auf sich gezogen. Online berichtete die Zeitung die Polizei habe die Lastwagen mit den frisch gedruckten Ausgaben in Istanbul in der Nacht auf Mittwoch angehalten. Nachdem die Polizei festgestellt habe, dass die Mohammed-Karikatur der "Charlie Hebdo"-Titelseite nicht in dem Nachdruck enthalten ist, habe die Staatsanwaltschaft die Weiterfahrt erlaubt. Allerdings ist die Titelseite als kleineres Bild an zwei anderen Stellen der "Cumhuriyet"-Ausgabe vom Mittwoch zu finden.

Der oberste islamische Geistliche der Türkei, Mehmet Görmez, verurteilte vergangene Woche den Anschlag auf "Charlie Hebdo", sprach sich aber gleichzeitig gegen die Verunglimpfung der islamischen Werte "im Namen der Meinungsfreiheit" aus. Die meisten türkischen Zeitungen beschrieben am Dienstag die Titelseite der neuen Ausgabe von "Charlie Hebdo", doch bildete sie keine ab. (APA, 14.1.2015)