Die österreichischen Facebook-Seiten der Pegida-Bewegung haben regen Zulauf – aber wer dahintersteht, ist derzeit noch unklar.

Screenshot: Der Standard

Wien/Innsbruck – Erich F. gefällt "Pegida Wien". Sehr sogar. Er ist 61 Jahre alt, pensionierter Ingenieur, bezeichnet sich selbst als frustrierten ehemaligen ÖVP-Wähler und ist auf der Facebook-Seite der Bewegung einer der aktivsten Poster. Als Hintergrundbild seines Profils hat er Kaiser Franz Joseph I. gewählt. Wie er zum Islam steht? "Der ist ein Mittel zur Selbstzerstörung der kollektiven Hirnfunktionen." Und: "Der Kindesmissbrauch der katholischen Kirche ist Gold im Vergleich zu den Massakern des Islam", erklärt er.

Pegida – das Kürzel steht für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" – ist ein Dresdner Verein. In Deutschland locken die wöchentlichen Demonstrationen derzeit tausende Menschen auf die Straße. Seit Dezember gibt es auf Facebook auch mehrere österreichische Seiten der Bewegung – mit "nicht von der Hand zu weisendem Zulauf", wie Yussi Pick, Berater für Onlinekampagnen, sagt.

Mit seinen islamfeindlichen Ansichten ist F. auf den österreichischen Social-Media-Seiten der Pegida nicht alleine. Womit er unter den Postern eher heraussticht: Er ist Wiener. Zum Beispiel beteiligte sich F. an einer Diskussion unter einem von "Pegida Wien" geteilten Artikel über den Trauermarsch in Paris: 33 Kommentare – nach Eigenangaben auf den Profilen stammen die Kommentatoren aus Berlin, Dresden, Köln, München, Viersen und diversen anderen deutschen Städten, fünf aus Wien, einer aus Graz, einer aus Sydney.

Nur Hälfte Österreicher

Befragt man den "Facebook Like"-Online-Check von Stern TV, bestätigt sich die Vermutung: Der größte Teil der "Pegida Österreich" Fans sind gar keine Österreicher. 44 Prozent der rund 10.000 User, denen "Pegida Österreich" gefällt, kommen – nach eigener Angabe – aus Deutschland, 47 Prozent aus Österreich, der Rest aus der Schweiz, Tschechien und zahlreichen anderen Ländern.

Auf der "Pegida Tirol"-Seite ist die Verteilung noch unausgewogener: Mehr als die Hälfte der User kommen aus Deutschland, nicht einmal ganz ein Drittel aus Österreich, darüber hinaus werden über 40 weitere Länder gelistet: unter anderem Thailand, Usbekistan, Kamerun und Mazedonien.

"Parallelwelt" geschaffen

"Man kann daraus nicht sicher schließen, dass es sich um Fake-Profile handelt – fest steht aber, dass die Seitenbetreiber auf Facebook Werbung geschaltet haben und deutsche Sympathisanten zum Liken der österreichischen Ableger aufgerufen wurden", sagt Pick. "Die Grenze zwischen rechtem Gedankengut und Verschwörungstheorien ist fließend. Auf den deutschen wie auch den österreichischen Facebook-Seiten werden Parallelwelten geschaffen, in denen Menschen gleicher Gesinnung Bestätigung suchen."

Anders sieht die Verteilung auf den österreichischen Facebook-Seiten aus, die sich gegen die Bewegung aussprechen: "NoPegida Wien" und "Anti-Pegida Tirol" gefällt jeweils zu fast 90 Prozent Österreichern und nur zu neun Prozent Deutschen – die Seiten haben allerdings beide insgesamt weniger Zulauf.

"Bleiben unpolitisch"

Doch wer steckt in Österreich hinter Pegida? Auf STANDARD-Anfrage bei "Pegida Wien" heißt es, dass man sich derzeit noch im Aufbau befinde und man "Stellungnahmen erst nach Klärung aller noch offenen Punkte" abgeben könne. Der für 2. Februar geplante "Spaziergang" durch Wien sei von einer "der Pegida nahestehenden Privatperson" polizeilich angemeldet worden.

Was man aber klarstellen wolle: "Pegida ist und bleibt unpolitisch", man stehe "weder im Einklang noch im Widerspruch mit den Ansinnen und Philosophien der politischen Parteien Österreichs".

FPÖ Tirol: Freiheitliche seien "wahre Pegida"

Eine inhaltliche Nähe zu Österreichs Freiheitlichen stellen diese zumindest selbst fest: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sympathisiert offen mit der Bewegung. Es handle sich um "berechtigte Anliegen". "Wir sind die wahre Pegida. In Österreich brauchen wir die Bewegung nicht, dafür gibt es die FPÖ", sagt Johann Überbacher, Sprecher der Tiroler FPÖ.

Dass FPÖ-Funktionäre am Demonstrationszug im Februar teilnehmen, sei "jedenfalls nicht auszuschließen", sagt FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Fest steht: Nicht mitmarschieren wird Strache selbst. Er habe zu diesem Zeitpunkt bereits Termine in Osttirol. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, Langfassung, 15.1.2014)