Grassers Ex-Kabinettschef Matthias Winkler (re.) kennt Peter Westenthaler (li.) schon so lange, da erinnert man sich nicht an alles

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Wien - Neues Jahr, neue Chancen, scheint Peter Westenthalers Devise für 2015 zu sein. Seit Herbst des Vorjahres laufen gegen den früheren Politiker (erst FPÖ, dann BZÖ) zwei Gerichtsverfahren am Wiener Straflandesgericht. Drei Stichworte, worum es vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Wolfgang Ettl geht: Fußball, Glücksspiel und, in beiden Verfahrensteilen zentral, Geld.

Gegen Ende des elften Prozesstages, dem letzten vor dem geplanten Urteilsspruch am 6. März, gibt sich Westenthaler jedenfalls betont optimistisch: "Der Verlauf der Verhandlung gibt Hoffnung." Auch wenn er wie Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), der vor wenigen Wochen im Zeugenstand Platz nahm, den ganzen Prozess im Grunde für unsinnig hält.

Staatsanwälte kontrollieren

"Es riecht danach", sagt Westenthaler am Mittwoch in einer Art Pressestatement und spielt darauf an, dass ihm die Staatsanwaltschaft Wien womöglich nicht besonders wohlgesonnen sei, unter anderem deshalb, weil er "bis heute" überzeugt ist, "dass es nötig ist, auch die Staatsanwaltschaft zu kontrollieren". An seiner Zuversicht ändert das nichts: "Ich hoffe, dass ich am 6. März Gerechtigkeit erfahre."

Es steht nicht weniger als eine Verurteilung wegen Untreue (Causa Lotterien) und schweren Betrugs (Causa Bundesliga) im Raum. Letzteres kann mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe einhergehen. Die Anklage spricht einerseits von einer missbräuchlich verwendeten Fördermillion für den Fußballnachwuchs, die der Ex-Mandatar in seiner Funktion als Vorstand der Fußball-Bundesliga zur Tilgung einer Finanzschuld der Liga verwendet haben soll. Oberstaatsanwältin Barbara Schreiber sieht die Bundesliga-Vereine geschädigt, bei denen das Geld nie angekommen sei. Westenthaler sieht das anders und plädiert, wie auch in der Causa Lotterien, auf nicht schuldig.

Im Mittelpunkt des zweiten Verfahrens steht eine mutmaßliche Scheinrechnung des BZÖ an die Österreichischen Lotterien in Höhe von 300.000 Euro. Hier vermutet Schreiber eine Schmiergeldzahlung im Abtausch für eine verwirkte Lockerung des Glücksspielmonopols, mit dem Lotterien-Konkurrent Novomatic auf den Markt drängte. Mitangeklagt ist in diesem Teil des Verfahrens der ehemalige Lotterien-Chef Leo Wallner, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig ist.

Mit der Einvernahme einer früheren Assistentin Westenthalers ist dieses Verfahren am Mittwoch de facto abgeschlossen, Richter Ettl will die Entscheidung der Schöffen zeitgleich mit dem Urteil in der Causa Bundesliga Anfang März bekannt geben. Von der Befragung der Ex-Mitarbeiterin kann das Gremium unter anderem Folgendes mitnehmen: Westenthalers früherer Leibwächter, der diesen zunächst belastet hatte, seine Aussage später jedoch revidierte, sei ausschließlich für die Sicherheit des damaligen BZÖ-Spitzenkandidaten zuständig gewesen. Das Verhältnis der beiden beschreibt sie als "durchwachsen".

Erinnerungslücken

Der Security-Mann gab bei ersten Einvernahmen vor Polizei und Staatsanwaltschaft an, sein Chef habe über die offizielle Version "Geld für ein dürres Gutachten zum Thema ,Responsible Gaming'" Bescheid gewusst. Vor Gericht wollte er davon dann nichts mehr wissen.

Auch den früheren Kabinettschef von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser plagen am Mittwoch Erinnerungslücken. Weder ein Treffen im kleinsten Kreis im Finanzministerium, die mehrere Zeugen erwähnten, noch E-Mails zwischen ihm und einem Mitarbeiter Westenthalers in Zusammenhang mit der Nachwuchsförderung wollen ihm einfallen. (Karin Riss, DER STANDARD, 14.1.2015)