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Wild wuchernde Megacities - im Bild Shanghais Stadtteil Puxi - lassen den weltweiten Energiehunger dramatisch anwachsen. Intelligente Raumplanung hingegen könnte bis 2050 den Energiebedarf bis zu einem Viertel senken.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

Laut einer im vergangenen Jahr veröffentlichten UNO-Studie werden im Jahr 2050 zwei von drei Menschen weltweit in Städten leben. 100 Jahre zuvor, 1950, waren es nur 30 Prozent, derzeit beträgt der Anteil der Stadtbewohner 54 Prozent. Der Trend zur Urbanisierung hält insbesondere in Asien unvermindert an. Damit steigt aber auch der Energiehunger der städtischen Zentren um ein Vielfaches. Nur durch die Eindämmung das Städtewachstums durch entsprechende Maßnahmen könnte dies verhindert werden. Forscher des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin sind überzeugt, dass der Energiebedarf bis zur Jahrhundertmitte durch geschickte Raumplanung sogar um rund ein Viertel gesenkt werden kann.

Schreitet dagegen die Urbanisierung wie derzeit voran, dürfte sich der Energieverbrauch der Städte weltweit bis 2050 sogar verdreifachen. Das größte Potenzial zur Energieeinsparung liegt zu 86 Prozent in den Städten von Entwicklungsländern in Asien, Afrika und dem Nahen Osten. Um es freizusetzen, müsste vor allem dort die Städteplanung stärker auf kurze Pendlerwege mit dem öffentlichen Nahverkehr zwischen der Arbeit und zuhause setzen.

Städteplanung gegen den Klimawandel

Die MCC-Wissenschafter haben in der im Fachmagazin "PNAS" veröffentlichten Studie zusammen mit Kollegen der Yale University, der University of Maryland sowie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung auch Möglichkeiten zur Verminderung des Klimawandels in bereits entwickelten Städten vorgestellt. Dafür haben die Wissenschafter unter anderem Daten der Weltbank genutzt und so die künftige Entwicklung von 274 Städten weltweit modelliert.

"Unsere Forschung ermöglicht entscheidende neue Erkenntnisse darüber, wie Städte die Auswirkungen des Klimawandels möglichst effektiv abmildern können", sagt Hauptautor Felix Creutzig, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastrukturen und Transport. Demnach gibt es weltweit acht verschiedene Stadttypen, die mit jeweils unterschiedlichen Strategien ihren Einfluss maximieren können. Mit Blick auf die konkrete Politik betont Creutzig: "Das Potenzial zur CO2-Minderung ist am größten in rasant wachsenden Städten und dort, wo die Infrastrukturen noch nicht so festgefahren sind. So kann das Lock-in-Muster hoher Emissionen vermieden werden."

Wachsende und "fertige" Städte mit Potenzial

In Changsha in China und Dar es Salaam in Tanzania etwa ist die Infrastruktur noch soweit im Entwicklungsstadium, dass sich noch viele Möglichkeiten zur Gestaltung der Stadtform bieten. Doch auch in "fertigen" Städten besteht Potenzial: In den USA könnte zum Beispiel in Boulder, Colorado, eine Erhöhung des Benzinpreises zu einer kompakteren Stadtstruktur führen. Und die Hansestadt Hamburg könnte durch die Verbindung ihrer Außenbezirke mit dem Zentrum durch mehr öffentlichen Nahverkehr und Radwege erheblich Energie sparen. In diesem Kontext kommt der nationalen Politik eine wichtige Rolle zu: "In Staaten wie Iran oder den USA würde eine Erhöhung des Benzinpreises einen großen Anreiz für einen Schwenk zu energieeffizienten Städten schaffen", sagt Creutzig.

Erst kürzlich hat der Weltklimarat IPCC die Bedeutung von Städten zur Milderung des Klimawandels betont. Demnach verbrauchen sie bis zu 76 Prozent der Energie weltweit und verursachen rund drei Viertel der globalen CO2-Emissionen. "Unsere Studie geht über die jüngsten IPCC-Ergebnisse hinaus, da sie die Ursachen des städtischen Energieverbrauchs und weltweit effektive Gegenstrategien benennt", sagt Karen Seto, Professorin für Urbanisierung an der Yale University und Leiterin des IPCC-Kapitels über Städte. (red, derStandard.at, 13.1.2015)