Berlin – Die deutsche Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will vor dem Hintergrund der Anschläge in Frankreich neue Präventionsprogramme gegen Islamismus in die Wege leiten. Wie die "Bild"-Zeitung in ihrer Dienstagsausgabe berichtet, soll das Bundesprogramm "Demokratie leben" dafür um zehn Millionen Euro auf 40,5 Millionen Euro aufgestockt werden.

Damit sollen demnach regionale Netzwerke, Beratungsstellen, Modellprojekte, bundesweite Programme, Fachkonferenzen und die Präventionsforschung gefördert werden, die sich mit der Radikalisierung junger Muslime beschäftigen.

Schwesig sagte der Zeitung, Deutschland müsse mit Aufklärung und besonnen auf die jüngste Gewalt reagieren. Die "Spirale aus Hass und Gewalt" dürfe nicht weitergedreht werden. Die Präventionsprogramme seien eine "notwendige Ergänzung" der sicherheitspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung.

Gefährdung nach Anschlägen von Paris

Islamistische Angreifer hatten in der vergangenen Woche in Paris insgesamt 17 Menschen getötet, bevor sie bei Polizeieinsätzen starben. Das hatte auch die Debatte über eine mögliche Gefährdung in Deutschland wieder entfacht. Der "Bild"-Zeitung zufolge appellierten die Polizeigewerkschaften nun an die Bundesregierung, allen deutschen Sicherheitsbehörden sowie der Bundeswehr zusätzliche Breitband-Mobilfunkfrequenzen für die Terror- und Gefahrenabwehr zur Verfügung zu stellen.

Die Zeitung zitierte unter anderem aus einem Schreiben des Chefs der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, an Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Darin betont Wendt, dass es für Polizei und Bundeswehr "gerade bei so schrecklichen Ereignissen" wie in Paris notwendig sei, "möglichst umfassend, schnell und in der Breite" untereinander zu kommunizieren. Demnach will die Bundesnetzagentur aber die dafür nötigen speziellen Frequenzen im Auftrag von Bund und Ländern an kommerzielle Anbieter versteigern.

Trotz Passentzugs reisten 20 deutsche Islamisten in den Jihad

Trotz Passentzugs sind Medienberichten zufolge bereits mindestens 20 Islamisten aus Deutschland in den Kampf in Syrien und in den Irak gereist. Die Zeitungen "Die Welt" und "Hamburger Abendblatt" zitierten in ihrer Dienstagsausgabe aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke.

Darin heißt es, in "mindestens 20 Fällen" könne nachvollzogen werden, dass eine Ausreise trotz bestehender Verfügung, Deutschland nicht zu verlassen, und des damit verbundenen Entzugs des Reisepasses erfolgt sei. Dem Papier des Innenministeriums zufolge reisten die mit einem Personalausweis ausgestatteten Islamisten dann sowohl mit dem Flugzeug als auch auf dem Landweg nach Syrien und in den Irak, beispielsweise über die Türkei.

Fahndungsdateien entgangen

Bei einigen sei die Ausreise aus Nachbarstaaten wie den Niederlanden und Belgien erfolgt, um auf diese Weise der "Abfrage von nationalen Fahndungsdateien zu entgehen". Die genauen Umstände der Ausreise seien für das Innenministerium jedoch nicht mehr zu rekonstruieren, hieß es.

Das Bundeskabinett will am Mittwoch außerdem beschließen, dass radikalen Islamisten künftig auch der Personalausweis abgenommen werden kann, um sie an der Reise in Kampfgebiete zu hindern. Der Vorschlag von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) sieht vor, Jihadisten für bis zu 18 Monate ein Ersatzdokument auszustellen.

Jelpke kritisierte die Pläne. Bei der Bekämpfung von Reisebewegungen müssten die Grundrechte gewahrt werden, sagte sie der "Welt" und monierte, dass die Behörden "ohne richterliche Anordnung den Entzug eines Personalausweises und die Ausgabe eines Ersatzpapiers mit Ausreisesperrvermerk anordnen können". Zudem stelle sich generell die Frage, "ob dieser Eingriff verhältnismäßig ist". (APA, 13.1.2015)