Auf der CES, der Consumer Electronics Show in Las Vegas, stellte Gogoro seine Idee eines E-Rollers vor

Gemeinsam mit den besten Grüßen fürs neue Jahr stößt mich motomobil.at-Chef Michael Bernleitner, der fahrende Almanach der E-Mobilität auf zwei Rädern, mit der Nase auf Gogoro. "Endlich wieder einmal etwas durchdachtes Neues bei den kränkelnden E-Fahrzeugen", meint er. Vor allem, weil "das amerikanisch-taiwanesische Start-up" mit ein paar "ordentlichen Ideen" aufwartet.

foto: gogoro

Michael Bernleitner, der den Braten schon riecht, bevor er im Rohr ist, hat die dürftigen Informationen, die es zum E-Roller mit dem sperrigen Namen gibt, schon vorab zerpflückt – und zum größten Teil für gut befunden. "Zugesagt werden 100 Kilometer Reichweite bei 40 km/h konstantem Tempo – das könnten, über den Daumen gepeilt, im Stadtbetrieb praxisgerechte 60 Kilometer bis zum Ansteuern der nächsten GoStation sein", rechnet er auf seiner Seite motomobil.at vor.

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Die GoStation, übrigens, ist die große Revolution des Gogo-Rollers. Dabei handelt es sich um Ladesäulen, in denen – wie Wurstsemmel-Automaten – statt der Wachauer-Laberl halt die Akkus liegen. Keine zehn Kilogramm schwer soll ein Pack sein. Zwei Packs gönnt sich der Gogoro.

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Die Stationen gibt es natürlich noch nicht. Die Hersteller verkaufen nicht nur den Roller, sondern gleich das ganze Mobilitäts-Konzept – also samt Ladestation. Kaufen sollen dieses große Städte in Schwellenländern, die es nicht schaffen, den ÖPNV auf Schiene zu kriegen. Wie man die Entscheidungsträger einer solchen Stadt zu den enormen Investitionen eines Gogoro-Netzes überreden will, ist aber noch nicht klar.

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Rund 10.000 Euro kostet eine Ladestation, in der sich dann jeder einen vollen Akku ziehen kann – ein Klacks eigentlich –, aber wie Michael Bernleitner vorrechnet, wären, um die Idee umzusetzen, in Wien rund 160 solcher Ladestationen notwendig. Da sind eineinhalb Mille schnell einmal von einem Projekt aufgefressen, von dem heute noch niemand weiß, ob es angenommen wird.

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Denn einen Haken hat die Idee schon. Der Roller ist schiach wie der Zins, obwohl er einige sehr nette Features hat, wie die Einarmschwinge vorne und hinten, das moderne Cockpit und die komplette Integration von Smartphone-Apps. Der ganze Roller basiert auf einer Alu-Bodenplatte, über der ein Kunststoff-Körper thront – den man zum Akkutausch einfach hochklappen kann. 112 Kilogramm drückt der Roller auf die Waage, ist recht gut ausbalanciert und mit einem Schräglagenwinkel von 48,5 Grad konzipiert.

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In 4,2 Sekunden sprintet der Roller auf 50 km/h, bis zu 95 km/h wird er schnell. "Es gibt keinen popeligen Hinterradnabenmotor wie in fast allen elektrischen Chinakrachern", erklärt Michael Bernleitner, "sondern einen flüssig gekühlten Mittelmotor mit Zahnriemen zum Hinterrad." Und der Zahnriemen ist sogar aus Carbon. Aber all das ändert nichts an der Tatsache, dass der Gogoro ein weiterer Quasimodo auf Zwergenrädern ist.

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Auf 12-Zöllern rollert er daher. Wie die besseren Vespas. Eine Honda SH300i etwa fährt auf 16-Zöllern. Jetzt ist die Vespa schön und unhandlich zu fahren, die Honda geil zu fahren, schaut aber aus wie ein Verkaufsargument für verspiegelte Visiere. Und was macht Gogoro? Die kombinieren die patscherten Patschen mit einer unvorteilhaften Optik.

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Also das hätten wohl nicht alle so gemacht. Und sich dann hinstellen und sagen: "Die Rollerindustrie hat sich in den vergangenen 20 Jahren nicht sehr bewegt oder gar durch Erneuerungen geglänzt", wie Michael Bernleitner Gogoros Co-Firmengründer Matt Taylor zitiert, ist schon ziemlich frech.

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Ob auch in diesem Fall Frechheit siegt, oder ob der Gogoro der nächste Schuss der E-Mobilität in den Ofen ist, bleibt abzuwarten. Viel Geld würde ich auf den Siegeszug des Plastikrollers nicht setzen – reden wir in zwei Jahren noch einmal drüber, falls sich dann noch jemand an den Gogoro erinnern kann. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 12.1.2015)

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