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Griechenland will auf Zahlungen aus Deutschland pochen.

Foto: apa/epa/Jens Büttner

Der Bericht enthält einige Brisanz: Während sich die Stimmen über einen Grexit, also einen Euro-Austritt Griechenlands, mehren, soll Deutschland dem hochverschuldeten Land elf Milliarden Euro schulden. Das berichtet zumindest die Athener Sonntagszeitung "To Vima" unter Berufung auf einen vertraulichen 160-seitigen Bericht im Auftrag des griechischen Rechnungshofs, der vergangene Woche der Regierung in Athen vorgelegt wurde.

Die Schulden in der Höhe von elf Milliarden Euro gehen auf eine Zwangsanleihe aus dem Zweiten Weltkrieg zurück. Der mit der Anleihe verbundene Zwangskredit in Höhe von ursprünglich 476 Millionen Reichsmark (je nach Umrechnung etwa 166,6 Mrd. Euro) war 1942 der Deutschen Reichsbank von der griechischen Zentralbank gewährt worden, um die Besatzungskosten zu decken. Nach der Kapitulation Deutschlands 1945 wurde Athen aber lediglich ein geringer prozentueller Anteil an Sachleistungen zugesprochen. Im vergangenen Frühjahr hat die griechische Regierung nun eine Sonderkommission gebildet, die die möglichen Forderungen aus dem Zweiten Weltkrieg konkretisieren soll.

Ursprünglich sollte besagter Kredit zu Kriegsende zurückgezahlt werden. Das Londoner Schuldenabkommen verschob die Regelung im Jahr 1953 allerdings auf die Zeit nach Abschluss eines "förmlichen Friedensvertrages". Athen erhielt zwar im Rahmen des Vertrages von 1960 mit der Bundesrepublik Entschädigungen in der Höhe von damals 115 Millionen D-Mark (umgerechnet etwa 58,8 Mio. Euro). Während namhafte deutsche Historiker der Ansicht sind, alle Sach- und Reparationsansprüche und Entschädigungen für Menschenleben seien dadurch bereits abgegolten beziehungsweise ohnehin verjährt, beziffern andere Experten die Gesamtschulden Deutschlands gegenüber Griechenland mittlerweile auf bis zu 160 Milliarden Euro – eine Summe, die immerhin der Hälfte der griechischen Staatsschulden entspricht.

Neuwahlen Ende Jänner

Der aktuelle Bericht kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: In Griechenland wird am 25. Jänner ein neues Parlament gewählt. Die konservative Nea Dimokratia des amtierenden Regierungschefs Antonis Samaras liegt in den Umfragen an zweiter Stelle. Führend ist das oppositionelle Linksbündnis Syriza unter Alexis Tsipras, das eine Neuverhandlung der Sparabkommen andenkt, die Griechenland eingehen musste, damit die EU-Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) das Land mit 240 Milliarden Euro an Notkrediten vor der Pleite bewahren. Syriza will aber nicht nur über einen internationalen Schuldenerlass für das Land verhandeln, sondern droht auch damit, Deutschland mit den Forderungen aus dem Zweiten Weltkrieg zu konfrontieren.

In Brüssel wächst unterdessen ebenfalls die Überzeugung, dass ein weiterer Schuldenerlass nötig sein werde. Als Größenordnung wird ein Drittel bis die Hälfte der Staatsschulden genannt. Erwartet wird, dass das laufende Hilfsprogramm zunächst bis Ende Februar 2015 hinaus verlängert wird und dass danach ein drittes Hilfspaket angeschlossen wird. Der Finanzbedarf Athens liegt mittelfristig bei rund 20 Milliarden Euro. Die Gesamtschuld Griechenlands beträgt derzeit rund 320 Milliarden Euro. Davon befinden sich 80 Prozent in der Hand öffentlicher Gläubiger. (APA/ch, derStandard.at, 12.1.2015)