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Österreichs Rauchfangkehrer haben das Glück des begrenzten Wettbewerbs. Der EU ist das ein Dorn im Auge, und auch der Oberste Gerichtshof hat so seine Zweifel, ob die Beschränkung der Kehrgebiete rechtskonform ist.

APA, Wolfbauer

Wien - Der Gebietsschutz der Rauchfangkehrer könnte gegen EU-Recht verstoßen, weshalb Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner vorsorglich eine Novelle plant. Er lockert das streng reglementierte Rauchfangkehrergewerbe ein bisschen und hofft, damit die Beanstandungen in Luft aufzulösen. Eine kürzlich in Begutachtung geschickte Änderung der Gewerbeordnung sieht vor, dass künftig EU-Ausländer ihre Leistung im nicht sicherheitsrelevanten Bereich anbieten dürfen.

Die bisher erforderliche Niederlassungspflicht in Österreich entfällt. Allerdings bleibt es für alle Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr stehen, beim Alten: Damit sind die rund 700 Rauchfangkehrbetriebe mit Bedarfsprüfung und Tarifregelungen weiterhin gut geschützt. Nicht von der strengen Reglementierung erfasste Tätigkeiten beschränken sich auf Reinigung und wartungsbedingtes Kehren, Montage und Abgasmessungen. Da aber jedenfalls der gefahrenlose Betrieb durch die zugelassenen Rauchfangkehrer erfolgen muss, dürfte der Andrang neuer Konkurrenten überschaubar sein.

Weißer Rauch fraglich

Dass nun weißer Rauch aufsteigt, ist eher fraglich. In diese Richtung kommen auch Bedenken des Finanzministeriums, das bereits eine Stellungnahme zu dem Entwurf abgegeben hat. Der Entwurf überlasse die Entscheidung, welche Tätigkeiten sicherheitsrelevant sind, den Rauchfangkehrern und sorge damit für keinen vollständigen Wettbewerb. Und: "Es bleibt abzuwarten, ob diese Umsetzung europarechtlich als ,verhältnismäßiges' Mittel zur Sicherung öffentlichen Interesses akzeptiert wird." Das Finanzministerium empfiehlt, ein vom Obersten Gerichtshof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegtes Vorabentscheidungsersuchen abzuwarten. Darin werden genau diese Fragen thematisiert: Sind die Rauchfangkehrer von der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen, weil sie auch Aufgaben im Bereich der Feuerpolizei - beispielsweise Feuerbeschau und Ausstellen von Gutachten im Rahmen von Bauverfahren - wahrnehmen? Zudem will der OGH wissen, ob die Einteilung der Republik in Kehrgebiete mit der genannten Richtlinie vereinbar ist.

OGH hat Zweifel

Darin wird auch auf die deutsche Reform Bezug genommen, bei der "Schornsteinfegungen" freigegeben wurden und die bevollmächtigten Kollegen nur die Kontrolle ausüben. Der OGH "neigt eher zu der Auffassung", dass die Beschränkung auf ein Kehrgebiet nicht EU-rechtskonform sei. Im anhängigen Falle hatte ein Kärntner Rauchfangkehrer außerhalb seines Gebiets Aufträge angenommen und wurde geklagt.

Angesichts des begrenzten Eingriffs in die Reglementierung hält sich die Aufregung im Berufsstand in Grenzen. "Es wird sich nichts verändern, was den Schutz für Leib und Leben betrifft", meint Innungsmeister Peter Engelbrechtsmüller. Er relativiert zudem, dass sein Stand bisher einem besonderen Schutz unterliege: Der Kunde habe bisher schon die Möglichkeit gehabt, den Rauchfangkehrer zu wechseln. Neu sei nun lediglich, dass die nicht der Bedarfsprüfung unterliegenden Tätigkeiten auch von Personen ohne Niederlassung in Österreich durchgeführt werden dürfen. Dass es sinnvoll ist, einen spanischen oder italienischen Professionisten zu engagieren, bezweifelt Engelbrechtsmüller: "Im Schadensfall wird man ihn nicht erwischen."

Tarifobergrenzen

Wichtig ist in seinen Augen zudem, dass an Tarifobergrenzen festgehalten wird. Damit sei sichergestellt, dass in entlegenen Gebieten nicht horrende Tarife bezahlt werden müssen, während im Ballungsgebiet eine Preisschlacht ausbricht. In Summe sichere die Gewerbeordnung "nicht den Schutz des Rauchfangkehrers, sondern des Konsumenten", betont der Innungsmeister im Gespräch mit dem Standard. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 12.1.2015)