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Zumindest in sehr langen Pokerrunden hat der Mensch gegen die von Michael Bowling und seinem Team (siehe unteres Foto) entwickelte Software keine Chance.

Foto: AP Photo/Julie Jacobson
Foto: John Ulan, University of Alberta

Washington/Wien – Bei den Brettspielen Schach und Dame hatte bereits Ende des 20. Jahrhunderts der Computer die Herrschaft übernommen. Spätestens als Garry Kasparow 1997 gegen Deep Blue verlor, war klar, dass Menschen fortan gegen die beste Software den Kürzeren ziehen würden.

Anders war das bei Spielen wie Poker, die zum einen auf unvollständigen Informationen beruhen (man weiß nicht, welche Karten die Gegenseite hat) und bei denen zum anderen der Bluff eine entscheidende Rolle spielt. Dank Internet und Fernsehübertraungen von Meisterschaften erlebte Pokern in den vergangenen Jahren einen großen Boom - egal, ob um Millionen oder auch nur zum Spaß gespielt wird.

Software als neuer Player

Doch nun haben Forscher um Michael Bowling von der kanadischen Universität Alberta ein Computerprogramm entwickelt, gegen das in der Poker-Variante "Heads-up limit Texas Hold’em" kein Mensch mehr eine Chance hat - vorausgesetzt, man spielt lange genug. Das Informatikerteam um Bowling tüftelte seit über zehn Jahren an der "perfekten" Software, die gegen keinen Menschen und keine Strategie verlieren würde. Wie die Wissenschafter im Fachjournal "Science" berichten, dürfte ihnen das nun mit der Poker-Software Cepheus gelungen sein, die in 60 Millionen Partien zur Unbesiegbarkeit getrimmt wurde.

Bei dieser Version von Poker gibt es laut den Forschern 3,16 Mal 10 hoch 17 mögliche Spielsituationen. Dank der Millionen Spiele gegen sich hat Cepheus für jede Spielsituation die beste Aktion gespeichert - in einer 11 Terabyte großen Datei. Das umfasst auch Bluff-Strategien; Entscheidungen dafür oder dagegen werden mittels Zufallsgenerator gefällt.

Cepheus sei "so gut wie perfekt", was bedeute, dass kein einziger Mensch eine statistisch messbare Chance gegen den Computer habe - vorausgesetzt, man spielt lange genug: Bei schlechten Karten verliert Cepheus die Runde genauso wie menschliche Spieler. Wird das Spiel aber sehr häufig wiederholt, wodurch sich das Kartenglück gleichmäßig verteilt, ist die Software nach Aussagen der Forscher unbesiegbar - was man online selbst testen kann.

Für den Einsatz in Turnieren sei die Software nicht geeignet, denn dabei sitzen bis zu zehn Spieler an einem Tisch, je nach Variante wird auch ohne Limit gespielt. Das würde den Rechenaufwand dramatisch erhöhen. Wegen der begrenzten Zahl von Spielen kommt dem Kartenglück eine entscheidende Rolle dafür zu, wer gewinnt.

Wohl aber denken die Forscher an einen Einsatz etwa in der Medizin oder bei Sicherheitsfragen, um trotz unvollständiger Information optimale Strategien zu liefern. (tasch, derStandard.at, 9.1.2014)