Ein Brüderpaar, beide Anfang dreißig, geborene Franzosen, deren Wurzeln in der ehemaligen französischen Kolonie Algerien lagen. Vollwaisen, einer ein Heimkind. Frühe Kleinkriminalität, Konfrontationen mit der Polizei, ein Leben in den trostlosen Vorstädten. Junge Männer ohne Perspektiven, die gefährlichste soziale Erscheinung, die es gibt.

Erleuchtung durch die Religion? Das weiß man noch nicht so genau, aber es muss ja gar kein echtes Erweckungserlebnis gewesen sein. Es genügt, dass eine rigide, streng strukturierte Religion mit Gesamtheitsanspruch Halt und Richtschnur geben kann für herumdriftende junge Männer. Der Prophet hat das gesagt, und so steht es im Koran, das kann für die Orientierungslosen, Erfolglosen, Perspektivlosen attraktiv sein.

Nun folgt regelmäßig das Argument praktisch aller muslimischen Vertreter, das seien ja gar keine echten gläubigen Muslime. Stimmt, Religionsphilosophen sind diese Attentäter sicher keine. Aber es gibt inzwischen so viele Gewaltbereite aus dem muslimischen Milieu, dass diese Frage irrelevant anmutet.

Tausende gewaltbereite junge Männer in Europa suchen nach einer einfachen Identifikationsmöglichkeit - und sie haben sie in einem radikalen Islam gefunden. Das sollte auch die muslimische Community erkennen und für diese radikalisierten jungen Männer Verantwortung übernehmen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 9.1.2015)