Warum uns ausgestorbene Urzeittiere von klein auf derart faszinieren, liegt wohl daran, dass sie so fremdartig erscheinen, wofür in einigen Fällen auch ihre gewaltigen Dimensionen verantwortlich sind. Man möchte meinen, dass es auf dem Gebiet der Paläontologie mittlerweile allerdings keine allzu großen Überraschungen mehr gibt - weit gefehlt. Fast im Wochenrhythmus werden neue Knochen ausgraben oder eindrucksvolle Rekonstruktionen vorgestellt.

Das vergangene Jahr war da keine Ausnahme - im Gegenteil: Spektakuläre Funde beweisen, dass es bei diesen Geschöpfen immer noch größer, noch skurriler geht. Unter den neu beschriebenen Arten befand sich beispielsweise ein Tyrannosauridae mit Schnabel, quasi der Pinocchio unter den großen Raubsauriern. Was die Körpergröße betrifft, so dürfte eine in Argentinien entdeckte Spezies für absehbare Zeit der Rekordhalter bleiben, und auch die größten bekannten Vögel muss man sich seit vergangenes Jahr noch ein gutes Stück gewaltiger vorstellen als bisher.

Das Wissenschaftsportal Sci-News.com stellte kürzlich eine Top-Ten-Liste der interessantesten paläontologischen Funde zusammen, hier einige Highlights daraus:

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Illu.: APA/EPA/MARK A. KLINGLER

Unangefochten an der Spitze steht wohl Dreadnoughtus schrani, zumindest was die Größe betrifft. Die Überreste dieses Sauropoden aus der Gruppe der Titanosaurier wurden in den vergangenen Jahren in Argentinien freigelegt, wissenschaftlich vorgestellt wurde der Gigant im September 2014. Mit einer Länge von rund 26 Metern und einem Gewicht von über 59 Tonnen dürfte Dreadnoughtus das vorerst größte landlebende Tier aller Zeiten darstellen, dessen Dimensionen man derzeit einigermaßen akkurat bestimmen kann. Der Pflanzenfresser lebte vor etwa 77 Millionen Jahren in der oberen Kreidezeit und musste zu Lebzeiten - wie sein Gattungsname andeutet - tatsächlich wohl keine Feinde fürchten.

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Illu.: AP Photo/Bruce Museum, Liz Bradford

Auch der Luftraum hat einen neuen Rekordhalter: Die Knochen von Pelagornis sandersi wurden zwar bereits in den 1980er Jahren entdeckt, doch erst im Vorjahr waren Paläontologen in der Lage, das Puzzle zu lösen. Herausgekommen ist der größte bekannte flugfähige Vogel der Erdgeschichte. Mit eine Flügelspannweite von mindestens 6,4 Metern segelte der riesige Seevogel vor 25 bis 28 Millionen Jahren die Küsten des heutigen Nordamerika entlang.

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Illu.: REUTERS/Maurilio Oliveira/Museu Nacional-UFRJ

Wir bleiben bei den Fliegern: Unter den Wirbeltieren gibt es wohl kaum eine Gruppe, die mit derart bemerkenswertem Kopfschmuck auffällt, wie die Pterosaurier. Die im Vorjahr in Brasilien entdeckte Spezies Caiuajara dobruskii aus der Kreidezeit (zwischen 94 bis 72 Millionen Jahren) mag da wohl zu den spektakulärsten Vertretern zählen. Die Tiere verfügten über einen gewaltigen dreieckigen Knochenkamm auf dem Schädel, der vermutlich von einem dünnen Hautsegel bespannt und bereits bei den Jungtieren, allerdings in verkleinerter Form, vorhanden war. Wozu die in großen Kolonien lebende Spezies ihren an eine Haifischflosse erinnernden Kamm benötigte, ist noch unklar.

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Illu.: REUTERS/Chuang Zhao

Auch unter den Raubsauriern gab es im Vorjahr einige ungewöhnliche Neuzugänge. Qianzhousaurus sinensis etwa - oder "Pinocchio rex", wie ihn die Paläontologen informell nennen - fällt durch seine schnabelartig verlängerte Schauze auf. Der mit neun Metern Länge nur etwas kleinere Vetter von Tyrannosaurus rex lebte vor mehr als 66 Millionen Jahren im heutigen China und wurde im vergangenen Mai vorgestellt. Die Entdeckung bewies den Paläontologen, dass Tyrannosauridae mit langen schmalen Kiefern nicht etwa eine jugendliche Variante ausgewachsener Exemplare mit kurzen Schnauzen sind, sondern offenbar eine im Asien der Kreidezeit weit verbreitete Raubsauriergruppe darstellte.

Die gesamte Paläontologie-Hitparade ist hier zu finden:

--> Sci-News.com: "Top Paleontological Discoveries of 2014"

(red, derStandard.at, 18.01.2015)